Dotternhausen

„Kein sauberes Verfahren“

17.12.2016

von Anna Wittmershaus

Der Zementhersteller Holcim will mehr Müll verbrennen. Mitglieder der Bürgerinitiative Plettenberg und der BUND stehen dem kritisch gegenüber und fordern strengere Auflagen.

„Kein sauberes Verfahren“

© awt

Harry Block (rechts) vom Bund für Umwelt und Naturschutz erläuterte am Freitag rund 25 Interessierten in Balingen, warum er unter anderem eine Umweltverträglichkeitsprüfungder Müllverbrennungsanlage von Holcim fordert.

Einigen Mitgliedern der Bürgerinitiative Plettenberg ist nicht nur der angestrebte vermehrte Kalksteinabbau der Firma Holcim, sondern auch die Müllverbrennung ein Dorn im Auge. Der Zementhersteller hat nämlich beim Regierungspräsidium beantragt, statt 60 Prozent sogenannter Sekundärbrennstoffe 100 Prozent einsetzen zu dürfen.

Zusammen mit dem Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) wollen einige Dotternhausener, darunter unter anderem der ehemalige Bürgermeister von Dotternhausen und Dautmergen Norbert Majer, erreichen, dass bei der Müllverbrennung so wenig Schadstoffe wie möglich in die Luft geblasen werden. So stellten sie Anfragen ans Regierungspräsidium Tübingen und wiesen auf auf Missstände hin. Am Freitag legten sie zudem zusammen bei einer Informationsveranstaltung ihre Sicht der Dinge dar. BUND-Mitarbeiter Harry Block monierte, dass das Genehmigungsverfahren bisher nicht ganz sauber gelaufen sei.

So müsse bei einem Antrag dieser Art eigentlich eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) vorgenommen werden. „Bei dieser wird dann auch das ganze Drumherum, also alle Schadstoffwerte des Werks, und nicht nur die der Verbrennungsanlage mit berücksichtigt“, erklärt Block. Auch die Schieferöfen und der Transport des Mülls nach Dotternhausen würden dann mit einbezogen. Doch eine solche UVP werde laut den Unterlagen, die der BUND vom Regierungspräsidium angefordert hat, nicht gemacht. „Wenn ich so eine UVP ablehne, dann muss es ein Gespräch bei der Behörde geben“, weiß Block. Ein solches habe es aber nicht geben, so der BUND-Mitarbeiter. Zumindest ließe sich in den Akten kein Hinweis darauf finden.

Doch die Umweltorganisation fordert nicht nur eine UVP, sondern auch ein anderes Verfahren bei der Schadstoffminimierung. Bislang werden die Abgase, welche bei der Müllverbrennung entstehen, durch eine SNCR-Anlage gefiltert. Dabei wird Ammoniak oder Harnsäure verwendet, um Stickoxide aus den Abgasen zu entfernen. Majer und dem BUND ist das zu wenig. Sie hätten gern eine SCR-Anlage. Dabei werde zwar auch Ammoniak verwendet, aber deutlich weniger. „Die Menge würde sich um die Hälfte reduzieren“, rechnet Block vor. Zu bedenken gab der Karlsruher zudem, dass Ammoniak eine gefährliche Substanz sei, die vor Ort gelagert werden müsse. Er kritisiert, dass Holcim kein Sicherheitskonzept für den Notfall habe. „Wir haben nachgefragt, aber keine Antwort erhalten“, berichtet Block. Daraus schlussfolgere er, dass es keines gebe. Generell sprach sich Block gegen Müllverbrennung aus. Er forderte das Dotternhausener Zementwerk dazu auf, langfristig auf Gas als Energiequelle umzusteigen. „Das ist natürlich teurer, aber ein Gaskraftwerk stößt keine der oft krebserregenden Stoffe aus“, so Block.

Auf den Einwand einer Zuhörerin, dass Holcim Medienberichten zufolge Ersatzbrennstoff verbrenne, antwortete Block, dass dies Augenwischerei sei. „Das ist eine Verniedlichung“, so der Karlsruher. Ein angeblicher Ausschnitt aus einem Werbekatalog des Recyclingunternehmens Korn, das auch Holcim beliefere, belegt in Blocks Augen, dass Korn normalen Sperrmüll kleinschreddert und an das Zementunternehmen ausliefert. Man könne gar nicht wissen, welche Stoffe in diesem Müll enthalten seien und demnach bei der Verbrennung nach draußen gelangen würden. Natürlich gebe es Filter, die 99 Prozent der Schadstoffe zurückhalten würden, räumt Block ein. „Aber bei diesen Mengen bleiben eben zig Tausend Tonnen übrig, die in die Luft gehen“, gibt er zu bedenken. Zudem sei es gut möglich, dass auch Autoreifen und Styropor, welches mit dem verbotenen Flammschutzmittel BDCB behandelt ist, mitverbrannt werde.

Ob das Dotternhausener Unternehmen für die drohende Umweltzone in Balingen verantwortlich ist, vermochte Block nicht zu beantworten. Er bezweifelte aber, dass die Anlage in Dotternhausen nur vier Prozent der Stickoxide verursache, die in Endingen gemessen wurden. Auch in dieser Frage würde eine UVP Aufschluss geben, so Block.

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