Gruol

Benefizkonzert für Wachkomapatientin: Tamara schlägt Alarm

11.05.2017

von Andrea Spatzal

Seit vier Jahren liegt die 20-jährige Tamara im Wachkoma. Mit einem Rockkonzert am 13. Mai im Löwensaal Gruol schlagen Angehörige und Freunde des Mobbingopfers jetzt Alarm.

Benefizkonzert für Wachkomapatientin: Tamara schlägt Alarm

© Andrea Spatzal

Yvonne Bartocha und Achim Kraus haben das Konzert auf die Beine gestellt.

Keiner weiß, wie es soweit kommen konnte, was Tamara durchmachen musste, bevor sie versucht hat, sich das Leben zu nehmen. Seit vier Jahren liegt sie nun im Wachkoma. Ihre Eltern und Schwestern hoffen und bangen, Monat für Monat. „Es gibt Hoffnung, sie macht immer wieder kleine Fortschritte“, wissen Achim Kraus und Yvonne Bartocha. Sie wollen der 20-Jährigen und ihrer Familie helfen, wollen zugleich Alarm schlagen und an die ganz große Glocke hängen, wie Mobbing ein Leben zerstören kann.

Tamara ist ein Mobbingopfer

Ein bildhübsches, lebenslustiges Mädchen, dem das ganze Leben, die ganze Zukunft offen stand. Die Schülerin hatte normale pubertäre Probleme, die sie zu unterdrücken versuchte, doch durch Ritzen und Selbstverletzen zum Ausdruck brachte. Sie musste in der Schule unter Anfeindungen und Ausgrenzung leiden. Auch ein Schulwechsel brachte keine Besserung. Zu tief müssen die bereits erlittenen Verletzungen gewesen sein.

Wem sollte sich das Mädchen anvertrauen? Wie so oft bei Mobbing unter Kindern und Jugendlichen, brachte es auch Tamara zuerst nicht über sich, ihre Eltern einzuweihen. Stattdessen hat sie einem Freund der Familie ihr Herz ausgeschüttet. Ein falscher Schritt mit schrecklichen Folgen, denn der habe die Notlage des Mädchens schändlich ausgenutzt. Nach mehreren Klinikaufenthalten in der Kinder- und Jugendpsychiatrie, welche leider nicht von Erfolg gekrönt waren, fasste sie mit 16 Jahren den Entschluss, aus dem Leben zu gehen. Dies geschah bei ihrem letzten Aufenthalt in dieser Klinik. Ihr Selbstmordversuch misslang. Sie wurde in letzter Sekunde gerettet. Aber seitdem liegt sie im Wachkoma.

Die Öffentlichkeit soll von Tamaras Schicksal erfahren. Ihre Familie hat für sie die Homepage www.tamarad.homepage.t-online.de eingerichtet. Es existiert auch ein Spendenkonto. „Aber das genügt nicht“, sagen Achim Kraus und Yvonne Bartocha. Sie wollen den Kampf gegen Mobbing aufnehmen und haben unter diesem Motto ein Benefizkonzert für Tamara organisiert.

Am kommenden Samstag, 13. Mai, spielen im Löwensaal in Gruol die drei jungen Bands „Metusa“, Electric Love“ und „The Roadstones“. Einlass ist um 17.30 Uhr. Das Konzert beginnt um 19 Uhr. Karten gibt es für 13 Euro im Vorverkauf bei www.eventim.de und 15 Euro an der Abendkasse. Jeder einzelne Konzertbesucher zählt – um schrill und laut Alarm zu schlagen gegen Mobbing, Alarm, den man weit über die Grenzen Haigerlochs hinaus hören soll.

Viel Engagement

Folk, Rock, Punkrock und Country – für jeden Musikgeschmack ist was dabei. Die drei jungen Bands kommen alle aus dem Ländle, die Roadstones sogar aus dem nahen Albstadt. Sie verzichten auf ihre Gage, stellen kostenlos das Equipment. Der Narrenverein Gruol hat die Rolle des Veranstalters übernommen. Achim Kraus und Yvonne Bartocha aus Haigerloch, Inhaber der Firma „Kitchen Rocker Catering“, sorgen für ausgefallene Snacks. Alexander Bartocha hat das Konzertplakat entworfen, Achim Kraus hat Konzert-T-Shirts anfertigen lassen. Tamaras Familie hat aus ihrem Freundeskreis einen Großteil des Bewirtungspersonals rekrutiert. Auftreten werden zu Ehren ihres ehemaligen Ensemblemitglieds Tamara auch die Tanzgarden aus Hart. Tamaras Vater hat angekündigt, den Konzertbesuchern kurz über das traurige Schicksal seiner Tochter zu berichten.

Yvonne Bartocha weiß, dass die 20-Jährige und deren Familie jede Unterstützung gut gebrauchen kann. Die junge Patientin sei in einem Alten- und Pflegeheim untergebracht, das sich insoweit für die Pflege von Tamara aufopfernd einsetzt, aber es müssen weitergehende Therapien ermöglicht werden. Diese Therapien und Anwendungen müssen separat beauftragt und finanziert werden. Was sie derzeit an Krankengymnastik und anderen Reha-Maßnahmen erfahre, sei völlig unzureichend, da von der Krankenkasse nur die Grundversorgung bereitgestellt wird. So müssten Geräte, die ihr das Leben erleichtern, privat finanziert werden. Yvonne Bartocha ist fest davon überzeugt, dass die junge Wachkomapatientin mit mehr Aufmerksamkeit und den entsprechenden finanziellen Mitteln eine reelle Chance hätte, in einer Forschungsabteilung der Uniklinik Tübingen mit einem neuen Verfahren der Hirnstromauswertung für eine zukünftige Kommunikation mittels Computer trainiert zu werden.

„Mobbing ist ein klassen- und schulübergreifendes Problem – auch in Haigerloch“, begründet Achim Kraus sein Anti-Mobbing-Engagement. Meist finde es im Verborgenen statt, meist blieben die fatalen Folgen von der Öffentlichkeit völlig unbemerkt – wie auch in Tamaras Fall. Beim Benefizkonzert am kommenden Samstag wollen er und Yvonne Bartocha es auch nicht belassen. Sie planen weitere Benefizkonzerte.

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