Zollernalbkreis

Kommentar: Raus aus dem Würgegriff

13.05.2017

von Klaus Irion

Was verbindet den Zollernalbkreis mit dem Stadtkreis Pforzheim und dem Landkreis Heidenheim?

Sie bilden gemeinsam das baden-württembergische Schlusslicht des Wohnatlas, mit dem die Postbank vor wenigen Tagen eine bundesweite Prognose zur Entwicklung von privaten Immobilien geliefert hat. In sieben Kategorien wurden die Landkreise eingeteilt, der Zollernalbkreis gehört zur Kategorie fünf, der drittschlechtesten.

Nun kann man natürlich sagen, dass das nur eine Momentaufnahme ist. Man kann auch sagen, dass die Haus- und Wohnungsbesitzer im Zollernalbkreis mit einem prognostizierten Wertverlust ihrer Immobilie zwischen 0,3 Prozent und 1,3 Prozent noch relativ glimpflich davonkommen. Und gleichwohl ist die Untersuchung ein Alarmsignal, dass das gefühlte Abgehängtsein von den kraftstrotzenden Regionen im Ländle sich doch zu verfestigen droht.

Ja, es ist wahr, der Zollernalbkreis hat eine wunderbare Landschaft. Wohnen zu dürfen, wo andere Urlaub machen wollen, ist ein Geschenk. Und ja, es stimmt auch, dass der Zollernalbkreis eine angesehene Hochschule beheimatet, die im besten Fall den Fachkräftemangel abmildert. Ganz verschwinden wird er sicherlich aber nicht. Und dennoch ist die Region zwischen A81 und Albhochfläche alles andere als ein Magnet, der für den dringend benötigten Zuzug sorgt. Die Schulen können landkreisweit ein Lied davon singen. Ihnen fehlen Lehrer wie sonst fast nirgendwo in Baden-Württemberg.

Heimatverbundene Firmeninhaber haben das Problem erkannt und sich zu einer Bürgerinitiative für die Stärkung des Zollernalbkreises zusammengeschlossen. Und in Geislingen-Binsdorf präsentieren innovative Firmen am nächsten Wochenende, dass Industrie und Gewerbe 4.0 auch weit ab von den Wirtschaftszentren funktioniert. Es sind erste, vielversprechende Ansätze. Sie alle aber werden erst zum dauerhaften Erfolg führen, wenn endlich die verkehrlichen und technischen Infrastrukturmaßnahmen in die Tat umgesetzt werden.

Flächendeckend schnelles Internet, weiter ausgebaute Bundesstraßen, die Umsetzung der Regionalstadtbahn samt Elektrifizierung der Zollernalbbahn: Das sind drei der zentralen Themen, die in den kommenden Jahren und Jahrzehnten über die Zukunft des Zollernalbkreises entscheiden werden. Das Pendel kann dabei noch immer in die eine wie in die andere Richtung ausschlagen.

Um dem immer stärker werdenden Würgegriff zwischen den Boomregionen Bodensee/Oberschwaben und Großraum Stuttgart zu entkommen, gilt es landkreisweit an einem Strang zu ziehen. Die drei Mittelzentren Balingen, Albstadt und Hechingen müssen miteinander, nicht gegeneinander agieren. Ansonsten laufen die anderen Landkreise noch weiter davon, und das trifft dann nicht nur die Immobilienbesitzer.

Kommentar: Raus aus dem Würgegriff

ZAK-Redaktionsleiter Klaus Irion.

Post an den Autor.

Diesen Artikel teilen: