Egesheim

Firmen missbrauchen Foto für Wahlaufruf

14.09.2017

von Michael Würz

Auf dem Großen Heuberg mischen sich Firmen in den Wahlkampf ein. Für ein großes Plakat benutzen sie unerlaubt ein Foto, das einen australischen Jungen in Indien zeigt.

Das Foto eines ungewöhnlichen „Wahlplakats“ hat sich in dieser Woche rasant im Netz verbreitet. „Ist das ein Fake?“, fragen einige Leser unserer Zeitung. „Wahnsinn“, finden andere. Stein des Anstoßes: Eine Firma in Egesheim hat ein großes Plakat an der Straße aufgestellt, auf dem die Firma selbst, zwei Firmen aus Obernheim und eine aus Nusplingen mehr oder weniger subtil Stimmung gegen Ausländer machen – verpackt in einen Wahlaufruf.

Firmen missbrauchen Foto für Wahlaufruf

© Benno Schlagenhauf

Dieses große Plakat in Egesheim empört viele. Die Firmen dürfen das Foto der Kinder nicht verwenden.

Blickfang des Plakats ist ein Foto, das die Begegnung einer großen Gruppe von indischen Kindern mit einem einzelnen blonden, hellhäutigen Kind zeigt. Darüber prangt die Überschrift „Deutschland 2030“. Das Foto kursiert bereits seit Jahren im Internet, wo es auch die Urheber des Plakats heruntergeladen haben dürften. Bereits im vergangenen Jahr hatte der NDR-Journalist Fiete Stegers die Urheber des Bildes ausfindig gemacht: Eine australische Familie hatte bei einem Urlaub in Indien ein Kinderheim besucht und dabei eine Spende übergeben (die gesamte Recherche mit TV-Beitrag).

Die Eltern sind empört

Dabei war das Foto entstanden, das den kleinen Sohn der Familie mit Kindern des Heimes zeigt. „Wir sind sehr traurig, dass das Bild für solche Propaganda verwendet wird“, hatte die Mutter im vergangenen Jahr dem NDR-Medienmagazin ZAPP gesagt. „Wir hatten genau das Gegenteil im Sinn.“ Der Vater des Jungen hatte verurteilt, dass das Foto für politische Zwecke missbraucht wird. „Das unterstützen wir auf gar keinen Fall.“ Auch das Kinderheim äußerte sich empört.

In Deutschland hatte das Foto große Verbreitung gefunden, nachdem es die ehemalige CDU-Politikerin und heutige Unterstützerin der AfD, Erika Steinbach, auf Twitter geteilt hatte. NDR-Journalist Stegers sieht die Firmen vom Großen Heuberg in der Verantwortung. „Der Ursprung des Fotos ist heute einfach herauszufinden“, sagt er im Gespräch mit dem ZOLLERN-ALB-KURIER. Bei seiner Recherche habe er allerdings den Eindruck gehabt, dass sich diejenigen, die es verbreiten, dafür gar nicht interessieren. „Aber es geht um Kinder, niemand würde wohl gerne das Foto seines eigenen Kindes auf einem solchen Plakat wiederentdecken wollen.“

Der ZOLLERN-ALB-KURIER hat am Donnerstag versucht, alle an der Aktion beteiligten Firmen zu Wort kommen zu lassen. Eines der vier Unternehmen war telefonisch nicht erreichbar, die anderen verweigerten jeden Kommentar zu dem Plakat.

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