Winterlingen

Nichts wie raus: der Video-Hike in Winterlingen

15.09.2017

Eine Zeitreise per Smartphone – der Video-Hike in Winterlingen ist ein digitales Kunstprojekt, das die Geschichte der Gemeinde erlebbar macht.

Auf der Suche nach neuen Ideen und Tipps, wie man seine Freizeit abwechslungsreicher gestalten könnte, erwartet einen in Winterlingen eine Wanderung der besonderen Art: ein Video-Hike.

Nichts wie raus: der Video-Hike in Winterlingen

Fotos: Petra Nann/Ulrike Zimmermann/Volker Bitzer

Diese innovative Variante des Wanderns auf der Schwäbischen Alb lässt sich als eine Art von digitalem Kunstprojekt beschreiben, das die Gemeinde Winterlingen und ihre Geschichte sinnlich und informativ erlebbar macht. Ein Erlebnis für Jung und Alt.

Ausgerüstet mit dem Smartphone kann man den Weg allein oder auch in Gruppen in einer rund fünfstündigen, interaktiven Entdeckungsreise erleben. Mithilfe eines digitalen Kompasses werden wir zu besonders geschichtsträchtigen Orten in und um Winterlingen geführt.

Als einen „Film in den man hineinlaufen kann“ und eine „Zeitreise, die real erlebt wird“, beschreibt Tobias Rausch, der Regisseur, sein Projekt.

Die Wanderung umfasst sechs Stationen. Dort können auf dem Smartphone jeweils etwa zehnminütige Videos abgespielt werden, welche sowohl auf Besonderheiten der Umgebung hinweisen, als auch dazu animieren, bestimmte Aktivitäten durchzuführen.

Die Alb als Vorbild für Berlin

Hierbei tauchen wir in die verschiedensten Orte ein und begegnen spannenden Persönlichkeiten, wie zum Beispiel den Göttinnen des Schicksals, einem blutrünstigen Großstadtvampir oder dem Bauern Benjamin Blickle.

Sie alle erzählen auf eindrucksvolle Art und Weise, wie Winterlingen früher ausgesehen hat und zeigen auf, vor welchen Herausforderungen die Gemeinde heute steht. Jedoch sind nicht nur einzelne Stationen ein Glanzlicht, auch kann die Strecke mit ihrer Landschaft und Ausblicken punkten.

Mit der „Theaterwerkstatt Schwäbische Alb“ initiiert das Landestheater Tübingen (LTT) seit Mai 2016 Kunst- und Theaterprojekte in kleineren Gemeinden auf der Alb in enger Zusammenarbeit mit dortigen Kultureinrichtungen, Schulen und Vereinen.

Die Theaterwerkstatt ist Teil der „Lernenden Kulturregion Schwäbische Alb“, gefördert durch die Kulturstiftung des Bundes. Die ersten zwei Projekte fanden in Winterlingen statt. Eines davon ist der Video-Hike von Tobias Rausch.

Der Regisseur berichtet: „Eigentlich war das nur eine durchgeknallte Idee. Dass die App so fantastisch ankommt, damit hätten wir nie gerechnet. Deswegen wollen wir den Video-Hike 2018 auch nach Berlin bringen. Diesmal war also die Schwäbische Alb ein echter Trendsetter für die Hauptstadt!“

Regisseur Tobias Rausch erzählt auch gerne aus dem Nähkästchen: „Am lustigsten war der Dreh für die Video-Station im Wald. Wir hatten eine riesige Gruppe von Kindern, die als Zombie-Schafe im Wald versteckt waren. Es gab vier Traktorfahrer, die genau im richtigen Moment mitten durchs Bild fahren mussten. Und wir hatten eine Schauspielerin, Evelin, die am Anfang der Strecke die Wanderer begrüßt und sie am Ende der Strecke wieder verabschiedet. Zwischen Anfang und Ende hatte die Evelin genau zwölf Minuten Zeit, um zu ihrem Auto zu rennen, über einen Schleichweg zum anderen Ende des Weges zu fahren und dann rechtzeitig auf einer Bank zu sitzen, wenn wir mit der Kamera den Weg entlang gelaufen kommen. Es hat auch alles perfekt geklappt. Nur in der Hektik hat die Schauspielerin ein ganz kleines Detail vergessen. Wer entdeckt den Fehler im Video?“

So funktioniert's

Video-Hike ist eine Art interaktives Suchspiel, welches Geocaching, Landschaftstheater und Video Walk mit Vor-Ort-Installationen verbindet. Zunächst muss die kostenlose App „Video-Hike Winterlingen“ auf ein Smartphone oder ein Tablet heruntergeladen werden. Darin sind alle benötigten Informationen über den Weg zu finden.

Erhältlich ist die App für alle Geräte mit iOS-Betriebssystem ab 8.1 oder einem Android-Betriebssystem ab 4.3 (außer Motorola). Aufgrund ihrer Größe empfiehlt sich das Herunterladen per WLAN. Da das benötigte Kartenmaterial beim ersten Öffnen der App heruntergeladen wird, sollte dies direkt im Anschluss daran erfolgen. Damit sind alle virtuellen Vorbereitungen getroffen und es kann in Winterlingen losgehen.

Sowohl Start- als auch Endpunkt des Video-Hikes stellt das Rathaus Winterlingen mit Parkmöglichkeiten dar. Hier befindet sich auch die erste Station mit dem dazugehörigen Video.

Die Filme wurden alle vor Ort aufgenommen und ergänzen die momentane, reale Welt um versteckte Hinweise, ungewöhnliche Blickwinkel und bisher unsichtbare Geschichten. So sehen normale Wanderer beispielsweise ein leerstehendes Fabrikgebäude.

Für Video-Hiker dagegen erwacht die Fabrik wieder zum Leben. Man hört die Stimmen der Arbeiterinnen und die Geräusche der laufenden Nähmaschinen, sieht Bilder von früher und kann sich dadurch auf eine Zeitreise begeben. An einer anderen Station gibt es zu Beginn nur eine leerstehende Tankstelle zu sehen. Für die Benutzer der App verwandelt sie sich nach kürzester Zeit in ein Kino, einen Orchideen-Wald und eine Diskothek.

Nach Ende eines jeden Videos zeigt ein blauer Navigationspfeil die Richtung. Die App dient während der gesamten Wanderung als Karte und weist den Weg. Beim Erreichen der Stationen erscheinen automatisch die jeweiligen Videos abspielbereit auf dem Display.

Im Übrigen sind alle Videos, die man an den Stationen zu sehen bekommt, unter großem Engagement von über einhundert einheimischen Bürgern und Vereinen entstanden. Darunter auch der Chor cantus iuvenis, welcher mit seinen Künsten zum Erschaffen eines Erlebnisses beiträgt, das bei Weitem mehr für die Sinne bereit hält als es bei üblichen Wanderungen der Fall ist.

Die Tour kann in fünf Stunden gemeistert werden. Man sollte daher gut zu Fuß sein und es ist auch kein Fehler, ein kleines Weggetränk mitzunehmen. Für Kleinkinder ist der Hike eher ungeeignet.

Regisseur Tobias Rausch empfiehlt aber: „Die App ist perfekt für Eltern, die mit ihren Kindern wandern wollen. Wer kennt das nicht, dass die Kinder lieber am Handy spielen wollen oder die ganze Zeit bei Whatsapp herumtippen?

Der Video-Hike macht gerade auch Jugendlichen Spaß, wenn sie mit ihrem Handy die nächste Station suchen müssen oder wenn sie den geheimen Zugangscode für ein Haus am Wegesrand herausfinden. Gleichzeitig ist die Strecke eine super Wanderroute mit tollem Ausblick über die Schwäbische Alb und einem Weg, der durch eine wunderschöne Landschaft führt. Es ist also für alle etwas dabei.“

Sausen mit dem Tretroller

Auch einen Tipp hat der Projektverantwortliche für die ZAK-Leser: „Besonders Spaß macht der Video-Hike, wenn man ihn mit den Alb-Rollern von Olaf Pott macht. Wenn man aus dem Dorf herauskommt, gibt es eine lange Abfahrt und es macht einfach richtig Spaß, mit dem Tretroller den Weg runterzusausen und dabei den Fahrtwind zu genießen.“

Die Tretroller besitzen eine Halterung für Smartphones und können für zehn Euro ausgeliehen werden. Dafür einen Tag vorher bei Olaf Pott (Telefonnummer 07434/9389620) anmelden.

Info Weitere Informationen und einen Trailer zum Video-Hike Winterlingen können online eingesehen werden unter video-hike-winterlingen.de. Einen Erfahrungsbericht dazu gibt es überdies im Blog #imländle von Petra Nann, welche den Hike im Mai ausprobiert hat.

 

Winterlinger K3-Bühne bietet Theater und Kleinkunst für Groß und Klein

Evelin Nolle-Rieder, eine der Hauptdarstellerinnen des Video-Hikes, erzählt von den Anfängen: „Dieser Dreh war schon eine aufregende Zeit. Und erst bis alles so weit war. Ende April erhielten die betreffenden Vereine eine E-Mail von Bürgermeister Michael Maier, in dem über das ganze Vorhaben informiert wurde. Das erste Treffen mit Tobias Rausch und Sven Hartlep fand ein paar Tage später statt. Ich fand alles vom ersten Moment an eine spannende und interessante Sache und war mit Feuereifer dabei.“

Und obwohl die Künstlerin beim Dreh selbst mitgewirkt hat, ist Evelin Nolle-Rieder begeistert von den Videos: „Es hat ziemlich gedauert, bis ich endlich die Muße gefunden habe, den Video-Hike selber mal anzuschauen. Ich dachte ja schon, dass es eine coole Sache ist, dass mich die Texte aber so berühren und mich das Gesamtkunstwerk so beeindruckt, obwohl ich daran beteiligt war, damit hatte ich nicht gerechnet. Ich werde mir diesen Video-Hike mit Vergnügen übrigens noch mal anschauen, denn es ist ein Erlebnis, das man durchaus mehrmals genießen kann.“

Evelin Nolle-Rieder ist bekannt für ihren großen Einsatz für die Winterlinger Kleinkunstbühne. Die Vorsitzende und Spielleiterin gehört zu den Gründern des K3. Das kleine Theater hat sich bereits einen überregionalen Namen in der Theaterszene gemacht. Es bietet eine Wohlfühl-Atmosphäre mit großer Nähe zwischen Künstlern und Publikum. Das Programm ist abwechslungsreich. Neben Theater und Kleinkunst werden Kabarett, Comedy, Musik, Vorträge und Lesungen geboten – auch in den kommenden Wochen.

Ein besonderes Schmankerl soll der Auftritt von Christine Rommel in der Festhalle Friedrichstraße am Samstag, 18. November, sein. Das Konzert dreht sich nicht nur musikalisch um Schokolade: Während des Konzerts ist ein Chocolatier auf der Bühne und bereitet frische Schokoladenspezialitäten zu. Schokolademädchen und -jungs werden diese dann auf dem Tablett den Zuschauern reichen.

Nach diesem Höhepunkt bieten die Uraufführung des Musiktheaters „Stadtpark-Stories“, dargeboten von Sängern der umliegenden Gemeinden mit Unterstützung von Kindern und Jugendlichen des K3, und die Aufführungen der Musical-AG der Realschule mit dem Musical „Kein schöner Land“ viel gute Unterhaltung für große und kleine Theaterbesucher.

Info Eine ausführliche Programmübersicht gibt es auf der Internetseite kleinkunstbuehnek3.de. Das Theater befindet sich in der Wilhelm-Bihler-Straße 4 in Winterlingen (das ist gegenüber dem Edeka-Markt).

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