Meßstetten

Polizeischule: Land steht nach wie vor in der Pflicht

07.12.2017

von Gudrun Stoll

Die Katze ist aus dem Sack, der Jammer groß. Die Suche nach einer sinnvollen Nachnutzung der Meßstetter Zollernalbkaserne geht weiter. Mit Kommentar.

Meßstettens Rathauschef Frank Schroft hat am Mittwoch alle Termine abgesagt. Aus gutem Grund. Das Telefon stand kaum still, nachdem die Nachricht raus war, dass die Stadt das Rennen um die Ansiedlung einer Polizeischule verloren hat.

Polizeischule: Land steht nach wie vor in der Pflicht

© Gudrun Stoll

In den kommenden zwei Jahren sollen in Baden-Württemberg jeweils 1800 Menschen ihre Ausbildung bei der Polizei starten. Meßstetten hätte auf dem Kasernengelände den Platz für eine Schule zur Verfügung gestellt, kam aber nicht zum Zuge.

Das Innenministerium in Stuttgart hat am Mittwoch bestätigt, was den beiden Fraktionschefs von Grünen und CDU aus einem Schreiben von Minister Thomas Strobl bereits bekannt war: Der Campus in Villingen-Schwenningen wird ausgebaut, die Hochschule erhält einen neuen Hörsaal, die Mensa wird erweitert, die Stadt kümmert sich um Wohnraum und Parkmöglichkeiten. Minister Strobls Entscheidung, die Ausbildung der Polizeikommissare zentral am Hochschulstandort Villingen-Schwenningen zu belassen und die Kapazität auf 1700 Studienplätze auszubauen, stößt in Polizeikreisen auf Wohlwollen.

Meßstetten hätte in gleicher Weise mitgezogen, wäre die Zollernalbkaserne in die engere Wahl als Schulstandort für die Ausbildung der Anwärter für den mittleren Polizeidienst gekommen. Doch Strobl hat sich für Wertheim und Herrenberg entschieden und die Stärkung der bestehenden Standorte in Biberach und Lahr angekündigt.

Über den Vorschlag des Ministers werde das Kabinett voraussichtlich Anfang des kommenden Jahres entscheiden, heißt es im Innenministerium. Doch die Empfehlung des Hausherrn scheint eher Faktum zu sein denn Grundlage für weitere Diskussionen im Kollegium des Regierungsteams.

„Es war keine Entscheidung gegen Meßstetten“, versicherte der stellvertretende Pressesprecher Carsten Dehner am Mittwoch auf Anfrage. Kapazität, Bausubstanz und die Verfügbarkeit von Gelände und Immobilien hätten unter anderem als Kriterien bei der Standortfestlegung gedient.

Eine Aussage, die Meßstettens Bürgermeister in Erstaunen versetzt. Die Zollernalbkaserne stünde ab sofort zur Verfügung. Das Land hat sogar bei der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) eine Anfrage auf einen fünfjährigen Mietvertrag gestellt. Warum sich die Pläne zerschlagen haben, wollte der Pressesprecher nicht kommentieren. Das Tauziehen um die Hochschule mit diesem Ergebnis sei ein gemeinsamer Erfolg aller, die sich für die Einstandort-Lösung eingesetzt haben, freut sich derweil Oberbürgermeister Rupert Kubon in Villingen-Schwenningen. Über die Parteigrenzen hinweg hätten Abgeordnete, der Landrat und der OB an einem Strang gezogen.

Im Zollernalbkreis reagierten die Politiker auf die Hiobsbotschaft erst auf Nachfrage. Es sei ärgerlich, dass Meßstetten nicht zum Zuge komme. Die Kaserne wäre ein sehr guter Standort für eine geplante Erweiterung der Polizeischule gewesen, sagt der CDU-Bundestagsabgeordnete Thomas Bareiß. Stuttgart habe eine Verpflichtung gegenüber der Region und diese fordere er auch ein.

Am späten Nachmittag gab es auch eine Reaktion aus dem Büro der CDU-Landtagsabgeordneten Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut. Die Ministerin sei nach wie vor der festen Überzeugung, dass sich die ehemalige Zollernalbkaserne in hervorragender Weise für die Einrichtung einer solchen Schule geeignet hätte – nicht zuletzt auch wegen eines gerade auch im Verhältnis zu möglichen anderen Standorten sicherlich sehr positiven Kosten-Nutzen-Verhältnisses.

Sie habe Innenminister Thomas Strobl in einem Schreiben und weiteren Gesprächen nachdrücklich gebeten, die für den Meßstetter Standort sprechenden Argumente in die Auswahlentscheidung einzubeziehen. Sie sei enttäuscht, werde sich aber gegenüber dem Innenministerium weiterhin mit Nachdruck dafür einsetzen, dass sich das Land in der Nachnutzung des Standortes Meßstetten engagiere.

Landrat Günther Martin Pauli bedauert, dass das Versprechen von Ministern der Vorgängerregierung offenbar keinen Haltbarkeitswert haben und die Glaubwürdigkeit und Verlässlichkeit der Landespolitik dadurch großen Schaden nehme. Pauli wörtlich: „Die angekündigte Entscheidung ist für uns überhaupt nicht nachvollziehbar. Möglicherweise wurde der Standort Meßstetten absichtlich schlecht gerechnet.“

Polizeischule: Land steht nach wie vor in der Pflicht

Bürgermeister Frank Schroft.

Frank Schroft: Versprechen nur Schall und Rauch

Kommentar von Gudrun Stoll: Im Kreise der Familie

CDU-Landtagsfraktionschef Wolfgang Reinhart ist für viele Zollernälbler zum Buhmann geworden. Die Entscheidung von Minister Strobl pro Wertheim ist mit dem Gschmäckle eines Deals unter Parteifreunden behaftet – und der Verdacht, dass Meßstetten zum Bauernopfer wurde, wird von keinem Politiker aus der Welt geräumt.

Der Grund lässt sich möglicherweise auf Reinharts Homepage finden. Wer drauf klickt, kann sich ein Bild machen von den festen Banden, welche die CDU-Familie des Landes zusammenhält. Gleich auf dem ersten Bild schenkt Reinhart gemeinsam mit Nicole Hoffmeister-Kraut und Thomas Bareiß dem Fotografen ein strahlendes Lächeln. Man kennt sich, man versteht sich und tut sich nicht weh. Schon gar nicht in der Öffentlichkeit.

Mit keinem Wort üben die beiden Abgeordneten aus dem Zollernalbkreis persönliche Kritik an Minister Strobl und seiner Standortentscheidung. Und weder die Ministerin noch der Bundestagsabgeordnete haben in den vergangenen Wochen den Eindruck erweckt, sie würden große Anstrengungen pro Meßstetten unternehmen. Mit einem formellen Bittschreiben an den Minister lässt sich für den eigenen Wahlkreis so wenig etwas erreichen wie mit unpräzisen Forderungen ans Land.

Mit einem Federstrich hat Stuttgart über das Wohl und Weh in der Region entschieden. Minister Strobl wäre kein Zacken aus der Krone gefallen, wenn er den Meßstetter Bürgermeister persönlich über seine Entscheidung informiert hätte. Ein schlechter Stil – und auf kommunaler Ebene undenkbar.

Post an die Autorin.

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