Dotternhausen

Bürgerinitiative sorgt sich um Vogelarten am Plettenberg

03.02.2018

von Nicole Leukhardt

Vertreter der Bürgerinitiativen um den Plettenberg haben einen Brief an Ministerpräsident Winfried Kretschmann geschrieben. Sie sorgen sich um den Bestand geschützter Vogelarten auf dem Berg.

Es ist klein, hellbraun und sein Bestand ist in Gefahr: Das Braunkehlchen. Der kleine Singvogel, dessen Ruf wie „djüt“ klingt und der zur klangvollen Gattung der Wiesenschmätzer und der Familie der Fliegenschnäpper gehört, fühlt sich auf dem Plettenberg offenbar pudelwohl. Paul Dannecker, Oliver Burry und Hans Edelmann haben den Piepmatz dort im vergangenen August sogar fotografisch festgehalten.

Bürgerinitiative sorgt sich um Vogelarten am Plettenberg

© Privat

Dieser kleine, hellbraune Piepmatz fühlt sich wohl auf dem Plettenberg. Paul Dannecker, Oliver Burry und Hans Edelmann haben Sorge, ob das so bleibt.

Das wiederum ist nicht selbstverständlich, denn das Braunkehlchen ist vom Aussterben bedroht. Die drei Vertreter der beiden Bürgerinitiativen Pro Plettenberg und Bürger für einen verträglichen Kalksteinabbau haben sich kürzlich mit einem Schreiben an Ministerpräsident Winfried Kretschmann sowie ans Umweltministerium, den Regionalverband, das Landratsamt, das Regierungspräsidium und einige Natur- und Landschaftsschutzverbände gewandt.

Sie legen in ihrem Schreiben eindrücklich dar, dass der Plettenberg eines der Wahrzeichen des Zollernalbkreises ist. „Mit seiner Flora und Fauna ist er wohl einmalig in Baden-Württemberg“, schreiben die Aktivisten.

Um die Tierwelt auf dem von Dotternhausenern liebevoll als „ihr Matterhorn“ bezeichneten Berg wissen die Unterzeichner gut Bescheid. So fänden sich neben einer reichen Vogel- und Insektenwelt auch gefährdete Schmetterlinge auf dem Plettenberg zu Hause.

Die Heide-Hochfläche und der Kuppenrand sei Lebensraum für besondere und schützenswerte Pflanzen. Bislang sei der empfindlichen Flora und Fauna trotz Kalksteinabbau Rechnung getragen worden. „Die Genehmigungen von 1977 und 1982 haben dies berücksichtigt“, formulieren die Unterzeichner. Mit der Herausnahme eines rund acht Hektar großen Teils des Plettenbergs aus dem Landschaftsschutzgebiet sehen sie den Fortbestand der geschützten Tier und Pflanzenarten jedoch in großer Gefahr. „In Zukunft bleibt nur noch ein Kronenrand nach Westen und Süden stehen, der Berg wird ausgehöhlt und die Ränder werden nach Osten komplett abgetragen“, schreiben die Naturschützer.

Dem wollen sie nun etwas entgegensetzen und haben in Eigenarbeit eine Liste erstellt. „Im Sommer 2017 konnten an einem zufällig gewählten Vororttermin alleine zwei Vogelarten der Kategorie 1 der Roten Liste ohne weiteres ausgemacht werden.“ auch Brutreviere von Berglaubsängern, Waldlaubsängern, der Hohltaube und dem Schwarzspecht haben die drei ausgemacht und dokumentiert.

Diese Vogelarten aber auch alle übrigen schützenswerten Tiere und Pflanzen gelte es nun vor den Auswirkungen „einer rücksichtslosen Ausbeutung von Rohstoffen“ zu schützen.

Das Gutachten ist veraltet

Im jüngsten Umweltbericht von Holcim heißt es: „Steinbrüche sind wertvolle Refugien für viele Tier- und Pflanzenarten und nach ihrer Nutzung siedeln sich seltene Tiere und Pflanzen an.“ Dem widersprechen die Umweltschützer nicht, die den Brief an Kretschmann geschrieben haben. Wohl aber bemängeln sie darin, dass im vorläufigen Gutachten, das Holcim vorgelegt hat, nur 15 Vogelarten aufgeführt seien, darunter ein einziger mit dem Status „Sonderschützling“, der Baumpieper. Die Liste der Aktivisten umfasst das Doppelte, nämlich 42 Vogelarten, die auf der Hochfläche und an den Bergrändern gesichtet wurden.

Holcims Pressesprecherin Sabine Schädle erklärt die Diskrepanz: „Bei dem erwähnten Gutachten handelt es sich um einen Auszug aus dem Umweltbericht zum Regionalplanänderungsverfahren, das gestoppt wurde.“ Die Angaben hätten sich lediglich auf die Erweiterungsfläche bezogen, nicht auf die gesamte Hochfläche. „Die Zahlen sind schlicht veraltet“, erklärt sie.

Das Team des Büros Tränkle, das mit dem neuen Gutachten beauftragt sei, habe in der Zwischenzeit in ihrer Dokumentation laufend den Bestand der Vögel aktualisiert. „Das Team des Büros kennt da oben mittlerweile jedes Blättle“, sagt Sabine Schädle. Im Zuge des Genehmigungsverfahrens der Süderweiterung werde das aktuelle Gutachten natürlich auch offengelegt.

Die Vertreter der BIs indes wollen die Hoffnung, die Hangkante in Richtung Hausen am Tann sowie die Hochfläche in ihrer jetzigen Form zu erhalten, noch nicht begraben. Dass die Aufhebung des Landschaftsschutzgebietes rückgängig gemacht werden könnte – daran glauben Edelmann, Burry und Dannecker nicht. „Angesichts des finanzstarken Gegners ist dies wohl kaum zu erwarten“, formulieren sie es in dem Brief.

Doch immerhin war der Berg als Natura-2000-Gebiet ausgewiesen und ist ein besonderes Schutzgebiet nach Flora-Fauna-Habitat-Richtlinien (FFH). „Eine Verträglichkeitsprüfung ist daher mehr als wünschenswert“, schreiben die Schlichemtäler.

Ihr Brief ging auch an das Balinger Landratsamt. Deren Pressesprecherin Marisa Hahn lehnte eine Interviewanfrage mit dem Kreisökologen ab. Schriftlich informierte sie, dass die dokumentierten Vogelsichtungen der BIs „in einem möglichen weiteren Verfahren einer sogenannten speziellen artenschutzfachlichen Prüfung“ bedürfen. „Diese wird in der Folge eines Erweiterungsantrag des Abbaubetreibers notwendig. Ein solcher Antrag liegt dem Landratsamt Zollernalbkreis derzeit nicht vor“, heißt es weiter.

So bleibt den Vertretern der Bürgerinitiativen vorerst nichts weiter, als auf Antwort aus dem Ministerium zu warten. Und auf das Braunkehlchen, bis es aus seinem Winterquartier wieder auf den Plettenberg zurückkehrt.

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