Zollernalbkreis

Gedanken zum Sonntag: das Doppelgebot der Liebe

12.05.2018

Dies Gebot haben wir von ihm, dass, wer Gott liebt, dass der auch seinen Bruder liebe. (1. Johannes 4,21) Das höchste Gebot der Christen ist das Doppelgebot der Liebe.

Wir alle haben es so im Konfirmandenunterricht gelernt. Dass dieses Doppelgebot auch das höchste Gebot im Judentum ist, wissen nicht alle.

Jesus zitiert im Neuen Testament die Thora aus 5. Mose 6.4.5: „Höre Israel, der Herr, unser Gott, ist der Herr allein, und du sollst den Herrn, deinen Gott leiben von ganzem Herzen, von ganzer Seele, von ganzem Gemüt und von allen deinen Kräften.“ Und 3. Mose 19,18: „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.“

Welch eine große Wahrheit in diesem Doppelgebot ausge-sprochen ist, können wir leicht nachvollziehen: Es gibt in Wahrheit kein menschliches Lieben ohne die Verankerung dieses Liebens in der Liebe zu Gott. Und so bleibt es die Aufgabe der Kirche, die „Rangordnung“ des Lebens weiterzusagen. In der Liebe zu Gott sind wir alle Gott gegenüber verantwortlich. Die Verantwortung gegenüber Gott schafft und ermöglicht zugleich die Gleichheit unter den Menschen. Vor Gott sind alle gleich. Dass diese Wahrheit gelebt werden kann und praktisch werden kann, garantiert die Verantwortung gegenüber dem einen Gott.

Die große Herausforderung für alle Christen bleibt, sich dieser Wahrheit zu stellen. Deshalb ist der Sonntagsgottesdienst die zentrale Mitte jedes Gemeindelebens. Dass wir alle von Gott kommen und ihm gegenüber verantwortlich sind, wird uns bewusst im gemeinsamen Feiern des Gottesdienstes.

Wir sprechen vom Doppelgebot der Liebe und meinen die Liebe zu Gott und die Liebe zum Nächsten. Im Grund ist es aber ein Dreifach-Gebot: Als Drittes ist die Liebe zu sich selbst mitgedacht. Ich denke, dass es sehr wichtig ist besonders im Blick auf unsere Mitmenschen, dass wir nur andere lieben können wenn wir uns auch selbst lieben. Warum? Wie wir die Welt und unser eigenes Leben sehen und beurteilen bedingt ja den Umgang mit der Mitwelt und den Mitmenschen. So ist es besonders wichtig, dass jede und jeder für sich der großen Wahrheit nachspürt: „Gottes Liebe gilt mir und ich darf mich annehmen und meinen Weg finden und gehen – so wie Gott mich liebt.“ Da es eine unbedingte Liebe ist, werden wir befreit, auch mit unseren Nächsten bedingungslos umzugehen.

Und diese unbedingte Liebe gilt gegen allen Menschen und ist damit immer grenzenüberwindend, was die Hautfarbe, Religion, Geschlecht, … betrifft.

Die unbedingte Liebe sagt an, dass mit der Wertevermittlung von gesellschaftlichen und sozialen Regeln es darüber hinausgehend eine „Herzensprägung“ braucht, die schlechthin grenzenlos ist. Dass das ein Weg, ein Prozess und zuweilen ein anstrengender Weg ist, weiß jeder.

Gedanken zum Sonntag: das Doppelgebot der Liebe

Pfarrer Horst Jungbauer, Johanneskirche Hechingen.

Diesen Artikel teilen: