Albstadt

Ein rot-gelber Blickfang am Himmel

18.05.2018

Ein doppeltes rundes Jubiläum wird gefeiert: Fluglehrer Ferdinand Karreis und Schul-Doppelsitzer ASK-13 sind seit 50 Jahren beim Luftsportverein Degerfeld im Dienst.

Ein Doppel-Jubiläum begeht der Luftsportverein (LSV) Degerfeld: Das Segel-Schulflugzeug ASK-13 und Fluglehrer Ferdinand Karreis sind jetzt beide seit 1968 im Dienst. Das gibt’s selbst im Fliegerland Baden-Württemberg nicht alle Tage. Die „13“ mit dem Kennzeichen D-9064 steht meist weit vorne in Tornähe der großen Segelflughalle. Das hat seinen Grund. Wenn Flugbetriebstag auf dem Degerfeld ist, kommt sie meistens als erstes raus und wird als letztes wieder hineingeschoben.

Ein rot-gelber Blickfang am Himmel

© Privat

Gradlinige Lehrmeisterin und zuverlässiges „Arbeitspferd“: Seit 50 Jahren ist der Schulungsdoppelsitzer ASK-13 mit dem Kennzeichen D-9064 auf dem Degerfeld im Dienst.

Schulbetrieb ist das A&O

Der Schulbetrieb ist das Rückgrat am Platz. 23.667 Starts und 6465 Flugstunden stehen aktuell in den Bordbüchern der Maschine. „Wenn Besucher in unsere Halle kommen, können sie meist gar nicht glauben, dass die Maschine schon so alt ist“, sagt Karreis, „wir pflegen unser Material halt.“

Ein rot-gelber Blickfang am Himmel

Ebenfalls seit 50 Jahren im Dienst: Fluglehrer Ferdinand Karreis mit seiner Frau Moni.

Mehrfach in den vergangenen 50 Jahren erhielt D-9064 schon eine Grundüberholung. Dabei wurde die Maschine komplett neu bespannt und lackiert, die Außenhaut wie das Innenleben. Rumpellandungen von Anfängern steckt die solide Konstruktion klaglos weg. „Sie ist nie kaputt gewesen“, sagt Ferdinand Karreis. Was ihn beeindruckt: Generationen von Flugschülern haben auf ihr die prägendsten Momente ihrer Fliegerlaufbahn erlebt: die Grundschulung und den ersten Alleinflug. „Auch innerhalb von Familien. Heute schulen die Enkel der ersten Schülergeneration auf ihr“, so der Lehrer.

Bei jeweils Hunderten Starts im Dienstleben von D-9064 saßen Karreis und Dieter Beck, seit schon 52 Jahren Fluglehrer am Platz, auf dem hinteren Platz des Schul-Doppelsitzers. Die Sicht durch die große Plexiglashaube sei fantastisch, schwärmen sie. Da sieht man auch was von der Landschaft. Darüber hinaus sei sie bis heute ein „Top-Schulflugzeug“. Sie verzeihe Fehler, zeige aber jederzeit direkt an, wenn was nicht passt. „Optimal, um die grundlegenden Fertigkeiten im Segelflug zu erlernen.“ Die ASK-13 verlange stets präzise Steuereingaben des Piloten. Und sie steige schön in der Thermik. Mit ihrer rot-gelben Lackierung ist die Maschine mit 16 Metern Spannweite und leicht nach vorne gepfeilten Tragflächen auch jederzeit gut auszumachen am Himmel.

Karreis (72) ist wie alle Fluglehrer im Verein ehrenamtlich tätig. Damals, als Student der Ingenieurwissenschaften, war er der jüngste Teilnehmer des Fluglehrer-Lehrgangs. 1968 tobten die Studenten-Unruhen. „Meine Kommilitonen gingen auf die Straße, ich auf den Flugplatz“, so Karreis. Die Fluglehrerausbildung veränderte auch sein Berufsleben. Er habe festgestellt, dass er mit Menschen gut umgehen könne. Deshalb absolvierte er noch ein komplettes Studium und sattelte um auf Lehrer. Seit ein paar Jahren ist er in Pension. Dieses und nächstes Jahr noch, dann will der gebürtige Rottweiler auch seine Fluglehrerlizenz nicht mehr verlängern. Wie viele Schüler durch seine Hände gegangen sind, kann er auf Anhieb nicht sagen. Viele jedenfalls.

Selbst nach mehr als fünf Jahrzehnten hat für ihn der motorlose Flug nichts von seinem Reiz verloren. Er räumt bis heute regelmäßig Preise für die besten Flüge des Jahres im Verein ab. Die Erfahrung macht's, und auch die Tatsache, dass seine Frau Moni das Leben als Camper auf dem Flugplatz teilt. Segelflug sei anspruchsvoll, vereine Wissen in Mathematik, Meteorologie, Technik und mehr in sich. „Man muss sich auf das Wetter einstellen können“, so Karreis.

Puls unten, Nase hoch

Wenn dann auf einem Streckenflug über mehrere hundert Kilometer plötzlich der Main oder der Pfälzer Wald unter den Tragflächen durchhuschen, sage man sich: „Hoppla, wow.“ Was den Schüler vor Rätsel stellt, macht für ihn den Reiz aus: Jeder Flug sei anders. Die optischen Eindrücke, der Wandel der Vegetation, die Aufwinde: „Das ist spannend.“ Und wenn die Plexiglashaube des Cockpits verriegelt ist und sich das Schleppseil zum Start strafft, ist Karreis zwar geistig hellwach, aber der Blutdruck geht runter. Er hat es mal gemessen: „Puls ganz unten. Von jetzt auf gleich.“

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