Balingen

Einsatz bei Windstärke 9

02.09.2018

von Michael Würz

Ein Balinger Notfallsanitäter tauscht die Rettungswache gegen eine Plattform auf hoher See: Pascal Springer wird Offshore-Medic im Windpark.

Einsatz bei Windstärke 9

© Michael Würz

Noch rückt Pascal Springer mit dem Balinger Rettungswagen aus – demnächst fliegt er mit dem Hubschrauber zur Arbeit.

Höhenretter bei der Feuerwehr, passionierter Bergsteiger, seit vielen Jahren Retter beim Roten Kreuz im Zollernalbkreis. Und dann auch noch einst die Ausbildung im Balinger Eyachbad. Als sein Kollege davon erfährt, dass sie auf den Plattformen in den Windparks in der Nord- und Ostsee Rettungskräfte suchen, dämmert ihm schnell: Der richtige Mann für diesen Job sitzt in Balingen. Pascal Springer, 33, könnte schaffen, was bundesweit nur wenigen gelingt. Er könnte durch das harte Auswahlverfahren kommen, das Notfallsanitäter zu Offshore-Medics macht. „Ich habe gedacht, ich versuche es einfach mal“, sagt Springer. Auch seine Frau rät ihm: „Bewirb dich einfach, dann sehen wir weiter.“

Gefährliche Arbeit auf hoher See

Tausende arbeiten inzwischen in der Offshore-Industrie, also vor der Küste. Für Siemens oder Thyssenkrupp beispielsweise. Doch was, wenn es etwa in Windrädern – viele Kilometer von der Nord- und Ostseeküste entfernt – zu Unfällen oder medizinischen Notfällen kommt? Dann sind speziell ausgebildete Rettungskräfte gefragt. Keine Draufgänger, aber vielleicht doch besonders Mutige. Solche, die die Herausforderung suchen, die auch in Extremsituationen einen kühlen Kopf bewahren. Ein Job ganz nach Springers Geschmack. „Mich reizt das Unerwartbare“, sagt er. „Ich suche gerne nach Lösungen.“ Schema F ist seine Sache nicht.

Helikopter schwimmen kopfüber

Springer reicht seine Bewerbung ein. Sämtliche Youtube-Videos zum Thema kennt er da längst in- und auswendig. Ein paar Telefonate und Videokonferenzen später reist er in diesem Sommer nach Elsfleth. 

Die Offshore-Retter des Ortsverbands Stedingen der Johanniter-Unfall-Hilfe stellen die Sicherheit in den Windparks sicher. Hier, im Assessment-Center, wollen sie nun sehen, ob die neuen Bewerber der Sache auf hoher See gewachsen sind. Wer Offshore-Medic werden will, muss in der Lage sein, sich aus einem abgestürzten Hubschrauber zu retten. „Die schwimmen immer kopfüber“, sagt Springer, als erkläre er einem Fahranfänger Gas, Bremse und Kupplung.

Und natürlich müssen die Bewerber zeigen, dass sie in 13 Grad kaltem Wasser einen Menschen retten können. Der Aufstieg auf eine Windkraftübungsanlage mit schwerem Gepäck klingt dagegen schon beinahe harmlos. Doch die Bewerber müssen nicht nur topfit sein, sie müssen nebenbei auch Logikaufgaben lösen – und beweisen, dass sie geeignet sind, große Verantwortung zu übernehmen. Der Balinger Pascal Springer zeigt im Auswahlverfahren, dass er das Zeug zum Offshore-Retter hat. 

Zunächst kommt die Ausbildung

Die neuen Retter werden von der Pike auf für ihren harten Einsatz im Meer geschult. Im Oktober geht es für Springer los, dann wartet ein umfangreiches Ausbildungsprogramm auf den neuen Offshore-Medic. Was, zum Beispiel, ist zu tun, wenn auf einer Plattform Feuer ausbricht? Und wie noch mal genau rettet man sich unter Wasser aus einem abgestürzten Hubschrauber? Erst wenn jeder Handgriff sitzt, wird der gebürtige Hossinger seinen ersten Dienst auf hoher See antreten, entweder in der Nord- oder der Ostsee.

Pro Einsatz wird er 14 Tage lang im Windpark für die Sicherheit sorgen, ehe er wieder zu seiner Frau und seinen Kindern in Balingen zurückkehrt. Und zwischendurch die eine oder andere Schicht beim DRK Zollernalb schiebt – Ehrensache.

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