Zollernalbkreis

Dach-Haie steigen einem aufs Dach

17.10.2018

von Volker Bitzer

Unseriöse Handwerker klappern derzeit verschiedene Wohngebiete im Zollernalbkreis ab, um zumeist ältere und gutgläubige Bürger zu täuschen, zu verunsichern und letztlich über den Tisch zu ziehen.

Es ist Donnerstagnachmittag, als es bei einem älteren Ehepaar in Albstadt an der Haustüre klingelt. Die Rentner öffnen, vor ihnen steht ein Mann mittleren Alters. In freundlichem Schwäbisch beginnt er das Gespräch, während er mit ausgestrecktem Finger aufs Dach des Wohnhauses zeigt und rät: „Da müssen Sie aber dringend was machen!“ Er stellt sich vor als Vertreter einer Dachdeckerfirma aus dem Raum Stuttgart. Sie seien gerade hier in Albstadt unterwegs, um nach kaputten Dächern Ausschau zu halten. Verdutzt fragen die älteren Herrschaften nach ...

Dach-Haie steigen einem aufs Dach

© fotolia?/?Gerhard Seybert

Sind sie erst einmal oben, haben Häuslebesitzer oft das Nachsehen: Unseriöse Dachdecker machen die Gegend unsicher.

„Nein, es ist hier noch nicht schlimm, für rund 100 bis 200 Euro können wir die kleinen Schäden reparieren“, verspricht der Mann. Genaues sähe man jedoch erst, wenn man oben sei. Er könne anderntags nochmals kommen – mit Leiter und alles genau anschauen. Tatsächlich lassen die Senioren den unbestellten „Dachdecker“ am Freitag aufs Dach steigen. Wieder unten, setzt der Mann einen sorgenvollen Blick auf und präsentiert nach kurzer Rechnerei einen Reparaturpreis von 9472,36 Euro. „Es hätten sich doch erhebliche Schäden aufgetan. Das sei aber ein Sonder-Fixpreis, bei dem alles sauber gerichtet werde.“ Damit alles gleich über die Bühne gehe, würden sie gleich morgen mit dem Aufstellen des Gerüsts beginnen. Am Samstag!?

Ohne lange zu überlegen, unterschreiben die verschreckten Senioren das Angebot, das handschriftlich und dürftig auf einem Art Durchschlagspapier aufgekritzelt ist. Einige Stunden später kommen dann aber doch Zweifel und ein Anruf bei einer genannten Adresse gerade noch rechtzeitig. „Alles stoppen! Kein Gerüst aufbauen, wir stornieren!“ Wäre das Gerüst erst einmal gestanden und hätten die Handwerker begonnen, wäre das Ehepaar vermutlich in der vertraglichen Pflicht gewesen.

Von Mafia-Methoden spricht die Kreishandwerkerschaft, die aktuell wieder vor so genannten Dach- und Fassadenhaien warnt. Ganze Gemeinden im Zollernalbkreis würden planmäßig „abgearbeitet“. In einer Pressemitteilung heißt es: Selbst wenn im Kleingedruckten des Vertrages kein Wort steht, dass festgestellte Schäden in vollem Umfang behoben und berechnet werden, greifen die Täter zur Schock-Methode. Entweder werden Schäden an der Fassade oder am Dach herbeigeführt; oder mitgebrachte Ziegelscherben oder faules Holz werden verunsicherten Hausbesitzern als Beweis präsentiert. Übel trifft es Hausherren, die den Pauschalauftrag bedenkenlos unterschrieben haben. Selbst wenn ein Preislimit schriftlich fixiert ist, beginnen die so genannten Handwerker mit der Arbeit unverzüglich. Ist dann ein Teil des Daches abgedeckt, werden angebliche Schäden entdeckt und der Hausbesitzer förmlich erpresst: Entweder er zahlt jeden Preis oder die Arbeiter ziehen ab.

 

Die Kreishandwerkerschaft warnt

Achtung Niemals den Auftrag eines „hausierenden“ Handwerkers unterschreiben und stets ein exaktes und detailliertes Angebot erstellen lassen.

Prüfung Vor Angebots- und Auftragserteilung im Beisein des Handwerkers die zuständige Kreishandwerkerschaft Zollernalb in Albstadt anrufen (07431/93750) und nachfragen, ob der betreffende Betrieb Mitglied ist oder er dort bekannt ist. Grundsätzlich Angebote von örtlichen Handwerksbetrieben einholen.

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