Balingen

Eine Nacht im Abenteuerland: Übernachtungsparty im Berolino

28.11.2018

von Nicole Leukhardt

Der Traum aller Kinder: Einmal spielen und aufbleiben zu dürfen, bis es nicht mehr geht. Das Balinger Berolino lädt drei Mal im Jahr zur Übernachtungsparty ein. Dort Mäuschen zu spielen – der Traum einer Redakteurin. Ein Selbstversuch.

„Für ein gutes Abenteuer ist man niemals zu alt. Nur zu langweilig.“ Dieser denkwürdige Satz wird der österreichischen Philosophin und Künstlerin Lisz Hirn zugesprochen.

Eine Nacht im Abenteuerland: Übernachtungsparty im Berolino

© Nicole Leukhardt/Marion Kapfer

Als langweilig zu gelten ist nicht gerade erstrebenswert, fand ich. Und sagte ohne groß nachzudenken zu, die Berolino-Kindernacht für den ZOLLERN-ALB-KURIER, der sie präsentierte, zu begleiten.

Ich hatte keinen blassen Schimmer, was mich dort erwarten würde. Und wenn ich ehrlich bin, war das auch gut so.

Kinder sind immer unkompliziert – auch ohne Eltern

Dreimal im Jahr heißt es in dem Balinger Indoorspielplatz toben und spielen bis zur Erschöpfung. Dreimal im Jahr ist Marion Kapfer Chefin im Gewusel unzähliger Kinder. Die Leiterin des Berolinos behält den Überblick und die Nerven, auch wenn es mal hektisch wird.

Eine Nacht im Abenteuerland: Übernachtungsparty im Berolino

© Nicole Leukhardt/Marion Kapfer

„Die Kinder sind völlig unkompliziert“, sagt sie und lacht. Sobald die Eltern aus der Tür seien, fänden sich Grüppchen zum Spielen, organisierten sich Fußballmannschaften und knüpften die Kinder freundschaftliche Bande untereinander.

Denn Eltern, das gehört zur Berolino-Kindernacht dazu wie das Süßigkeitenbuffet, müssen an diesem Abend draußen bleiben.

Eltern verboten: Es gibt gute Gründe dafür

Als ich das dritte Mal meiner sechsjährigen Tochter im Zickzackkurs durch den riesigen Kletterturm hinterhersteige, verstehe ich auch, warum.

Eine Nacht im Abenteuerland: Übernachtungsparty im Berolino

© Nicole Leukhardt/Marion Kapfer

Jederzeit würde ich bejahen, mir das innere Kind bewahrt zu haben. Leider wissen das weder meine Knie noch meine Kondition. Spätestens als ich bäuchlings zwischen zwei Rollen feststecke und meine Tochter seufzend sagt „Ach Mama, bleib mal locker, ich schieb Dich durch“, wird mir klar, warum Spielplätze einfach in Kinderhand gehören.

195 Kinder übernachten oder machen nur bis abends Party

Während ich noch meine schmerzenden Ellbogen reibe – man bremst halt nicht in der Röhrenrutsche – nehmen die Kleinen um mich herum johlend Trampolin, Hüpfburg, Bällebad und Rutschen sofort in Beschlag. 195 Kinder haben sich teils als Party-, teils als Übernachtungsgäste angemeldet.

Für die Partygänger war der Spaß um zehn Uhr abends zu Ende. Der Rest hatte Isomatte und Schlafsack im Gepäck. Aber an Schlafen, soviel sei verraten, war lange nicht zu denken.

Das Essen bringt Ruhe

Wenn 195 Kinder toben bis zum Umfallen, gleicht der Geräuschpegel einem startenden Jumbojet. Ruhig wird es zwischendurch nur, als das sechsköpfige Helferteam zum Essen ruft.

Es gibt Würstchengulasch mit Nudeln, Pommes oder Chicken Nuggets. „Die Currysoße ist selbstgemacht“, verrät Marion Kapfer, die überall hilft, wo man sie braucht. Ein Mädchen zupft an ihrem Ärmel.

„Die Kinder auf dem Trampolin sitzen nur rum und hüpfen gar nicht“, beschwert es sich. „Ich schau mal, was ich da machen kann“, sagt die Berolino-Chefin und sorgt für Ordnung.

Streit gibt es kaum, und wenn, wird er gackernd und kichernd im Bällebad ausgetragen. 

Eine Nacht im Abenteuerland: Übernachtungsparty im Berolino

© Nicole Leukhardt/Marion Kapfer

ZAK-Kinderreporter gehen auf Recherchetour

Großer Andrang herrscht schließlich, als wir Kinderreporter suchen, die die Spielgefährten interviewen wollen. Die blauen ZAK-T-Shirts gehen weg wie warme Semmeln, überall werden Interviews geführt.

Ich mache mich derweil nützlich und binde hier einen Schuh und helfe dort beim Öffnen der Wasserflasche.

Das Trampolin, das ergeben die Recherchen der Kinder, ist das beliebteste Turngerät im Berolino. Lenny mag die riesigen Legoklötze am meisten, Melina den Kletterturm.

Sina sagt „Mit meinen Freunden spielen ist das beste“, Nova findet die ganz steile Rutsche am coolsten. Die Kinder werden kreativ und fragen, was auf dem riesigen Spielgelände noch fehlt.

Kinder sind mehr als zufrieden

Mit dem Urteil kann Marion Kapfer mehr als glücklich sein. Ein Kind schreibt: „Toll – alles; blöd – nichts; Verbesserung – keine.“

Allein die Riesenrutsche, deren Einstieg senkrecht abfällt, flößt dann auch den Mutigsten Respekt ein. Viele der Kinder sitzen lange oben, um dann doch wieder umzukehren.

„Die meisten haben ein gutes Gespür dafür, was sie sich zutrauen können und was nicht“, sagt Marion Kapfer, deren Blick immer wieder nach oben aufs Rutschenpodest wandert. 

Dass die Kinder umsichtig aber unerschrocken sind, zeigt sich auch in der Kletterhalle. Der Andrang ist groß, aber die Helfer lassen immer nur kleine Gruppen in den Raum mit den steilen Wänden.

Wie Tarzan durch die Halle schwingen

Dann heißt es, mutig sein: Wer möchte, darf sich von einer Helferin einen Gurt anlegen lassen und sich aufs Geländer in der Kletterhalle setzen.

Gesichert von einem weiteren Helfer am Boden steht dann einem Freiflug am Seil quer durch die gesamte Kletterhalle nichts mehr im Weg. Tarzan und Jane – das Berolino macht's möglich.

Wem das zu viel Nervenkitzel ist, setzt sich zu Marion Kapfer an den Schminktisch. Die Berolino-Chefin malt und pinselt mit stoischer Geduld glitzernde Herzchen und Sternchen auf Mädchenarme.

Süßes für alle

Ein letztes Mal bricht wilder Jubel aus, als das üppige Süßigkeitenbuffet aufgefahren wird. Kekse, Bonbons aber auch Apfelschnitze und Mandarinen warten darauf, von 195 Kindern verputzt zu werden.

Dass das Berolino sein Credo „Spielen und Toben bis zum Umfallen“ ernst nimmt, zeigt sich schließlich weit nach Mitternacht. Die Kinder haben sich mit Kissen und Kuscheleinhorn in den Kletterturm oder ins Bällebad zurückgezogen, das Licht wird gedimmt.

Mit der Dunkelheit kommt noch lange nicht die Ruhe

An Ruhe ist jedoch noch lange nicht zu denken. Erst um zwei Uhr morgens gehen die Lichter endgültig aus. Das Gekicher und Getuschel allerdings verstummt noch lange nicht. 

Und während den Kindern am nächsten Morgen beim Frühstücksbuffet überhaupt keine Müdigkeit anzumerken ist, stelle ich fest: Für ein gutes Abenteuer ist man nie zu alt. Man erholt sich nur länger davon als früher.

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