Balingen-Frommern

Das Interims-Gesetz und seine Folgen

05.12.2018

Günther Meinhold beleuchtete den religionspolitischen Fehlschlag Kaisers Karls V im Raum Balingen.

Kürzlich hielt der Frommerner Buchautor Günther Meinhold einen Vortrag über „das Interim in Württemberg“ – zunächst in Weilstetten und in Dürrwangen und zuletzt in Frommern – jeweils im evangelischen Gemeindehaus.

Vor jeweils zahlreichen Zuhörern erinnerte der Referent, an die Bestrebungen von Kaiser Karl V., der seit 1547 die Rekatholisierung Württembergs fünf Jahre lang mit allen Mitteln betrieben hatte.

Meinhold schilderte zunächst, wie es dem Kaiser auf dem Reichstag in Augsburg 1546/47 gelungen war, das sogenannte Interim-Gesetz durchzusetzen. Dieses Gesetz sah vor allem die Wiedereinführung der heiligen Messe auf Latein, die Entlassung der evangelischen Pfarrer, die Einstellung katholischer Priester und die Wiedererrichtung der Klöster vor.

Nur zwei Dinge wurden der evangelischen Seite zugestanden: Der Laienkelch beim Abendmahl und die Heirat der Pfarrer. Karl V. sorgte dafür, dass diese Kompromiss-Religion in Südwestdeutschland mit aller Strenge realisiert wurde und damit auf einen Schlag mehr als dreihundert evangelische Pfarrer entlassen wurden, darunter auch die Pfarrer in Balingen, Dürrwangen und Erzingen. Den neueingesetzten Interimspriestern Michael Mocker in Balingen und Jakob Kornmesser in Dürrwangen begegnete die Bevölkerung, die überwiegend die Rückkehr zum alten Glauben ablehnte, mit Misstrauen. Nur in Weilheim durfte der seit 1534 amtierende evangelische Pfarrer Lienhard Wegerlin im Amt bleiben.

Doch in der Folge gelang es der katholischen Kirche nicht, flächendeckend für mehr als 300 offene Pfarrstellen eigene Priester zu finden. Daraufhin realisierte der württembergische Herzog Ulrich seine Idee, die zahlreichen arbeitslos gewordenen evangelischen Geistlichen als Religionslehrer und Prädikanten neu einzustellen, um wenigstens an den bereits existierenden Schulen in den Städten evangelischen Religionsunterricht zu gewährleisten. So konnte nun der in Erzingen entlassene Pfarrer Jakob Frischlin mit Frau und Baby nach Balingen ziehen und dort als Katechet weiterarbeiten.

Erst 1552 wurde im Passauer Vertrag das Interim-Gesetz aufgehoben und die Gleichberechtigung des evangelischen und des katholischen Bekenntnisses bis zum nächsten Reichstag garantiert. Und auf diesem Reichstag schlossen 1555 die katholischen und evangelischen Landesfürsten den „Augsburger Religionsfrieden“. Damit erlangte die evangelische Kirche jetzt endgültig eine rechtlich anerkannte Stellung im Heiligen Römischen Reich.

Kaiser Karl V., der damit religionspolitisch völlig gescheitert war, resignierte und dankte ab. In Balingen und allen umliegenden württembergischen Gemeinden traten jetzt wieder evangelische Pfarrer ihren Dienst an: so auch Sebastian Brucker in Frommern und Alexander Ganser in Dürrwangen. Der Weilheimer Pfarrer Wegerlin durfte – als einer von nur wenigen Interimspfarrern – sein Amt behalten.

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