Dotternhausen

Plettenberg: Dotternhausens Räte stellen die Weichen auf Abbau

18.01.2019

von Nicole Leukhardt

Gestern gab der Dotternhausener Gemeinderat das gemeindliche Einvernehmen in Sachen Süderweiterung des Kalksteinbruchs. Dringender Wunsch: 2029 wollen die Räte ein Stück Berg zurück.

Mit Rückfragen aber letztlich ohne Gegenstimme gaben die Dotternhausener Gemeinderäte am Donnerstagabend ihr gemeindliches Einvernehmen zu den Aufschüttungen und Abgrabungen im Zuge der Süderweiterung des Kalksteinbruchs der Firma Holcim auf dem Plettenberg.

Auch die umfangreiche und im Lauf der Sitzung ergänzte Stellungnahme der Verwaltung als Trägerin öffentlicher Belange wurde einhellig beschlossen.

Damit ist Holcim dem Ziel, einer Erweiterungsfläche von knapp 8,8 Hektar und der zusätzlichen Umwandlung eines 1982 beschlossenen Rekultivierungsgürtels zur reinen Abbaufläche, wieder ein Stückchen näher gerückt.

Dotternhausens Bürgermeisterin Monique Adrian verlas eine elf Seiten lange Vorlage, „einen kurzen Durchritt durch sämtliche Gutachten“, wie sie es selbst formulierte, und gab ihrem Gremium und den zahlreichen Zuhörern einen Einblick in den Genehmigungsantrag.

In der ersten Phase bis 2024 soll der Abbau der Nordkulisse erfolgen, die im zweiten Abschnitt bis 2036 gänzlich abgebaut sein soll, während die Arbeiten nach Süden weiter wandern. Bis 2041 schließlich soll die südliche Kulisse fallen, 2046 alles rekultiviert sein.

Die Gutachten zu Geräusch- und Staubimmissionen, zu Sprengungen und Erschütterungen, zu Stickstoffanreicherungen und Hangstabilität, Hydrogeologie, Klima und Artenschutz kamen alle zu einem ähnlichen Schluss: Zwar sei der Steinbruch ein Eingriff in die Natur, einen grundsätzlich negativen Einfluss, nachteilige Auswirkungen oder wesentliche Veränderungen bringe er jedoch nicht mit sich.

Grenzwerte bleiben stets unerreicht. Am Fundament der Plettenberghütte sollen Messungen durchgeführt werden, wenn der Abbau näher rückt. „Die gemeindeeigenen Wasserquellen sind nicht von der Erweiterung betroffen, die Ausführungen zur Hangstabilität sind beruhigend, Lärm, Staub und Sprengemissionen nehmen nicht zu, weil der Bruch vom Ort wegwandert und die Forderung auf frühzeitige Rekultivierung werden eingehalten“, fasste die Bürgermeisterin abschließend zusammen.

Vor allem die Rekultivierung war den Räten ein Anliegen. In den Antragsunterlagen geht das Zementwerk bei Vollauslastung davon aus, dass ein großer Teil des Bergs bis 2029 wieder der Bevölkerung zugänglich gemacht werden kann.

„Ich bestehe auf dieser Jahreszahl, der Bürger soll verlässlich ein Stück Berg zurückbekommen“, forderte Elisabeth Menholz. Markus Schnekenburger formulierte es ähnlich: „Wie fix ist 2029?“ Ein Versprechen konnten beide Werksleiter Dieter Schillo gestern Abend nicht abringen. „Es ist unser Ziel und unser absoluter Wille, aber da sind uns Grenzen in Sachen Konjunktur gesetzt“, erklärte er. Warum das Zementwerk indes auf 0,67 Hektar bereits genehmigter Abbaufläche verzichtet, konnte er schlüssig erklären: „Weil es sich wirtschaftlich nicht lohnt.“

Dass die bisher als Rekultivierungsfläche ausgewiesenen rund 7,5 Hektar nun komplett abgebaut würden, nahmen die Räte hin. „Da muss man zuerst durch, man fängt ja kein zweites Loch an“, sagte Elisabeth Menholz. „Wenn die Süderweiterung kommt, dann wollen wir diesen Keil abbauen, kommt sie nicht, wird hier lediglich modelliert“, erklärte Dieter Schillo.

Dass mittels einer Umweltverträglichkeitsprüfung alle Gutachten im Rahmen der geplanten Erweiterung erneut bewertet werden, nannte der Werksleiter ein proaktives Vorgehen seiner Firma, zu dem sie nicht verpflichtet sei.

Diese sammle schließlich auch auf freiwilliger Basis Ökopunkte auf einem Konto an. „Immer, wenn wir auf einer Fläche eine Verbesserung des Ist-Zustandes bewirken, bekommen wir diese Punkte“, erklärte er das System. Weil trotz aller Rekultivierungsbemühungen der Eingriff auf dem Berg nicht ausgeglichen werden kann, wird das verbleibende Defizit mit 276 389 Ökopunkten „refinanziert“, die Holcim bereits auf der Habenseite angespart hat.

In ihrer Stellungnahme legten die Räte darauf Wert, dass der Steinbruch möglichst störungsfrei für die Gemeinde bleibt. Als Hausaufgaben gaben sie der Genehmigungsbehörde mit auf den Weg, den Brecher, die Verladung und den Seilbahntransport möglichst schallreduziert anzuordnen. Die Maschinen und Fahrzeuge sollen möglichst auf dem aktuellen Stand der Technik gehalten werden, rund um die Plettenberghütte sollen Emissionen minimiert werden.

Eine Verschlechterung auf der Hochfläche dürfe weder für Fauna noch für Flora drohen. Ein Konzept für sanften Tourismus soll Spielplatz, Schutzhütte und Grillstelle vorsehen, damit der Plettenberg nach allen Eingriffen in seiner Qualität mindestens gleichwertig ist zu heute.

 

Kommentar: Kosmetische Wortwahl

Die Diskussion um die Zukunft des Plettenbergs wird von Beginn an sehr emotional geführt. Außer Acht lassen darf man bei aller Nostalgie nicht, dass es um Rohstoffgewinnung, Wertschöpfung in der Region und letztlich auch um Arbeitsplätze geht. Während die Fronten härter werden, wird die Sprechweise aber plötzlich gummiartig: Es wird nicht mehr in Teilen abgebaut, sondern modelliert, die Fläche „wird in Vorbereitung der Rekultivierung abgebaut“, als wäre dies ein notwendiges kosmetisches Übel auf dem Weg zu einem Berg, der am Ende schöner und artenreicher ist, als je zuvor. Was bleibt übrig, wenn man die bemühte Diplomatie abzieht? Die eine Seite will mit dem Rohstoff Geld verdienen, die andere will den Berg für die Nachwelt erhalten. Diese Fronten bleiben hart. Da hilft auch keine wortgewaltige Schönheitschirurgie.

Plettenberg: Dotternhausens Räte stellen die Weichen auf Abbau

ZAK-Redakteurin Nicole Leukhardt.

Post an die Autorin.

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