Geislingen

Kleider Müller will erweitern: Kompromiss nach zig E-Mails und Gesprächen

20.03.2019

von Rosalinde Conzelmann

Ein raumordnerischer Vertrag ermöglicht der Firma Kleider Müller die Erweiterung. Am Mittwochabend stimmte der Geislinger Gemeinderat diesem zu.

Mit dem einstimmigen Beschluss des Gemeinderats rückt die Erweiterung für die Firma Kleider Müller in greifbare Nähe. Das Zauberwort heißt raumordnerischer Vertrag und ist der Kompromiss, den alle Beteiligten ausgehandelt haben. Denn es gibt keinen Bebauungsplan für das Gelände.

Kleider Müller will erweitern: Kompromiss nach zig E-Mails und Gesprächen

© Rosalinde Conzelmann

Heike Bartenbach, Diplom-Geografin beim Regionalverband (Mitte), erläuterte das Prozedere der Raumordnung.

Wie schon mehrfach berichtet, will das über 90 Jahre alte Unternehmen die Verkaufsflächen von bisher 7000 auf rund 8300 Quadratmeter erweitern. Dies ist eine Existenzfrage für das Traditionsunternehmen mit rund 200 Mitarbeitern.

Heike Bartenbach vom Regionalverband Neckar-Alb erläuterte dem Gremium das weitere Vorgehen, das mit dem Regionalverband, dem Regierungspräsidium Tübingen, dem Landratsamt, der Firma Kleider Müller und der Stadt Balingen, die am nächsten Dienstag als letzte der Beteiligten über den raumordnerischen Vertrag entscheiden wird, abgestimmt ist.

Karl-Heinz Müller, einer der Geschäftsführer, rückte wegen Befangenheit vom Ratstisch ab.

2015 fanden die ersten Gespräche statt; 2017 besichtige der Planungsausschuss des Regionalverbands das Modegeschäft. In der Zwischenzeit hatte die Stadt das notwendige Stadtentwicklungs- und Handelskonzept auf den Weg gebracht.

Zusammenarbeit ermöglichte die Lösung

Bartenbach bedankte sich bei allen Beteiligten: „Wir haben uns viele Gedanken gemacht, wie man die Pläne realisieren kann. Es gab zahlreiche Gespräche, zig E-Mails wurden verschickt.“

Für die Erweiterung ist ein öffentlich-rechtlicher Vertrag notwendig. Diesen habe es auch in Metzingen gegeben, informierte Bartenbach und ging auf die Eckdaten des Gutachtens ein, das als Grundlage des Vertrags erstellt worden ist.

Gutachten hält Erweiterung für nicht schädlich

Inhaltlich geht es vor allem um den Nachweis der sogenannten Unschädlichkeit. Das heißt, dass von der Erweiterung kein schädlichen Auswirkungen auf die angrenzenden Gemeinden ausgehen dürfen.

Kleider Müller will erweitern: Kompromiss nach zig E-Mails und Gesprächen

So könnte die Ortseinfahrt von Geislingen bald aussehen. Foto: Skizze: Schairer und Partner, Architekten

Darauf hat das Gutachten eine Antwort: Schädliche Auswirkungen seien nicht zu erwarten. Nehme man den Worst-Case-Ansatz liege die Umsatzverteilung für Balingen bei vier Prozent; für Albstadt bei einem Prozent.

Während für die Shell-Tankstelle auf dem Betriebsgelände alles beim Alten bleibt, wird der Schuhmarkt langfristig auf maximal 700 Quadratmeter Verkaufsfläche reduziert. Auf die ursprüngliche Planung, auch einen Drogeriemarkt anzusiedeln, verzichtet das Unternehmen.

Wenn Balingen zustimmt, kann das Unternehmen loslegen

Kleider Müller kann sofort den Bauantrag stellen, wenn der Balinger Gemeinderat seine Zustimmung gegeben hat. Die Stadt Geislingen wird dann einen Bebauungsplan aufstellen, um einer weiteren Expansion den Riegel vorzuschieben.

Bürgermeister Oliver Schmid griff ein Argument auf, dass Bartenbach mehrfach genannt hatte: Der touristische Mehrwert, den die Erweiterung der ganzen Region bringe. Er sprach aber auch von einem Kompromiss, denn der Verlust des Drogeriemarktes wiege schwer: „Dieser hätte der Stadt schon gut getan.“

Er halte das Raumordnungsverfahren für fraglich und das Konzentrationsverbot für gefährlich, fand Dr. Hans-Jürgen Weger deutliche Worte und hakte weiter nach: „Was passiert, wenn Balingen nicht zustimmt?“

Bartenbachs Antwort lautete: „Davon gehen wir nicht aus.“ Wenn doch, müsste man einen neuen Vertrag aushandeln.

Sonderfall Kleider Müller

„Wir wollen lebendige Innenstädte, deshalb soll es keine Einkaufszentren auf der grünen Wiese geben“, erläuterte die Expertin. Kleider Müller sei ein Sonderfall, weil der Betrieb langsam gewachsen sei.

Die freie Wirtschaft sollte nicht von der Verwaltung diktiert werden, merkte Rolf Schädle an und Frieder Klein wunderte sich, dass die Ansiedlung eines Drogeriemarkts in Dotternhausen möglich war.

„Das wäre heute nicht mehr möglich“, betonte Bartenbach. „Diese Entwicklung werde den Onlinehandel langfristig begünstigen“, bedauerte Benjamin Eha.

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