Mountainbike

Etabliert, beliebt und top organisiert: Das große Interview zum Albstadt-Bike-Marathon

04.05.2024

Von Marcus Arndt

Etabliert, beliebt und top organisiert: Das große Interview zum Albstadt-Bike-Marathon

© Moschkon

Gerhard Renz (links) und Raimund Kiauka tragen seit vielen Jahren die Verantwortungen für den „Bike“.

Der „Bike“ in der Sportstadt besitzt eine lange Tradition – am 12. und 13. Juli wird bereits die 28. Auflage des Stollenreifenspektakels ausgetragen. Die Teilnehmerzahlen steigen wieder – und doch hat der Veranstalter Sorgen.

Bereits seit 1995 mobilisiert der Mountainbike-Klassiker – mit Ausnahme der beiden Corona-Jahre – die Massen: Das Teilnehmerfeld ist international, die Unterstützung an der Strecke überragend. „Wir sind sehr zufrieden“, betonen Raimund Kiauka, Vorsitzender des SCO, und Gerhard Renz, OK-Sprecher und seit vielen Jahren einer der Macher des „Bike“. Und doch hadert das Duo ein wenig. Nicht ohne Grund: Parallel wird erneut im Schwarzwald pedaliert.

Das Organisationskomitee (kurz: OK) hat die letztjährige Veranstaltung akribisch aufgearbeitet. Wie fällt Ihr Fazit aus?

Raimund Kiauka: Vom Teilnehmerfeld her war es noch etwas überschaubar. Vor dem Hintergrund, dass unser Event zeitgleich mit diversen anderen Veranstaltungen stattfand, konnten wir nichtsdestotrotz recht zufrieden sein. Und auch dieses Jahr sieht es nicht schlecht aus. Die Anmeldezahlen steigen – eine Tendenz nach oben ist klar erkennbar. Das Fest war 2023 „bombe“, der Platz genial und rammelvoll. Besser ging es fast nicht.

Gerhard Renz: Man muss auch sehen, dass wir mit dem, was wir tun, auch gegen aktuelle Trends ankämpfen. Viele andere Vereine mussten in den vergangenen Jahren ähnliche Veranstaltungen absagen und haben diese phasenweise komplett gestrichen. Das möchten wir für uns auf jeden Fall vermeiden. Zum Glück werden wir dabei tatkräftig unterstützt. Von unseren Sponsoren, aber vor allem von unseren ehrenamtlichen Helfern und Helferinnen. Und natürlich von unseren Pedaleuren, die uns seit nun vielen Jahren stets die Treue halten. Sie alle sind es, die den Bike-Marathon so erfolgreich machen.

Was ist aus Veranstaltersicht das Erfolgsrezept des Assa-Abloy-Bike-Marathons? Wie kann man dieses bei zurückgehenden Teilnehmerzahlen optimieren?

Kiauka: Wir versuchen, unsere treuen Fahrer zu halten. Deshalb haben wir 2022 erstmals eine Kurzstrecke angeboten. Zuerst wurde diese Entscheidung, welche wir uns im OK nicht einfach gemacht haben, ein wenig belächelt. Wir waren selbst ein wenig skeptisch, aber die Zahlen haben gezeigt, dass es eine gute und vor allem richtige Entscheidung war. Wir konnten so doch noch den ein oder anderen abholen, der ansonsten vielleicht nicht an den Start gegangen wäre. Bei den E-Bikern war es genau dasselbe. In diesem Bereich konnten wir nach einem verhaltenen Start 2022 eine deutliche Steigerung im vergangenen Jahr beobachten, die wir so nicht erwartet hätten. So gingen 2023 doppelt so viele E-Biker an den Start wie noch im Vorjahr. Es waren sogar so viele, dass wir deutschlandweit das stärkste E-Bike-Rennen waren.

Stichwort E-Biken. Fokussieren Sie sich in den kommenden Jahren verstärkt auf diesen Bereich?

Renz: Nein, unser Fokus liegt nach wie vor auf den „Bio-Bikern“. Wir planen daher nicht, spezielle Strecken nur für E-Biker anzubieten oder ähnliches. Das würde momentan auch keinen Sinn machen, schließlich ist die E-Szene recht breitgefächert. Die einen nutzen es für Spazier- oder Einkaufsfahrten, andere wiederum für knallharte Enduro-Trails. Daher müsste man zuerst einmal herausfinden, welche dieser Zielgruppen überhaupt relevant für uns wäre. Unser Versuch geht eher in die Richtung, diejenigen mitzunehmen, welche aus den verschiedensten Gründen vom Bio- auf das E-Bike umgestiegen sind, den „Bike“ aber trotzdem mitnehmen möchten.

Das gilt auch für das Gravel-Publikum. . .

Renz: Gravel ist natürlich auch im OK ein sehr präsentes Thema, denn der Markt dafür boomt. Ein Teil des „Bike“ wird diese Disziplin jedoch kurzfristig nicht werden. Es ist nämlich so, dass der klassische Gravel-Biker Distanzen von einer Länge fahren möchte, die wir schlicht und ergreifend nicht anbieten können. Zudem hat sich gezeigt, dass unsere aktuelle Strecke, an der wir nun einmal festhalten möchten, nicht Gravel geeignet ist.

Das heißt konkret?

Kiauka: Es gibt zwei, drei Streckenabschnitte, die für das Gravel-Bike nicht so gut geeignet sind – und schon gar nicht im Wettkampf. Die Passagen am Schnabel in Pfeffingen oder dem Käselbach hinter Margrethausen sind extrem herausfordernd. Ist der Boden im Wald tief, dann wird es noch schwieriger.

Es bräuchte also eine alternative Strecke. Wäre dies für den Verein überhaupt machbar?

Renz: Nein, wir sind bereits jetzt vollkommen ausgelastet. Eine dritte Strecke steht somit absolut nicht zur Diskussion. Schon jetzt brauchen wir um die 180 Ehrenamtliche, um die Strecke entsprechend zu sichern. Die Organisation der Kurzstrecke – vor allem angesichts der Tatsache, dass an jeder Kreuzung jemand von uns stehen muss – lässt sich mit dieser Zahl gerade noch bewerkstelligen.

Um den „Bike“ auch für die Zukunft aufzustellen, bedarf es neuer Impulse. Wo sehen Sie Möglichkeiten dazu?

Renz: Wir schauen zunächst, dass wir das, was bisher gut lief und uns erfolgreich gemacht hat, weiterhin hochhalten. Solange die Resonanz der Teilnehmer und Besucher entsprechend ausfällt und auch unsere Sponsoren zu uns halten, wissen wir, dass wir auf Kurs sind. Wir merken, dass die Veranstaltung jetzt, wo die Corona-Jahre hinter uns liegen, wieder Fahrt aufnimmt und sehen uns auf dem aufsteigenden Ast. Dieses Niveau möchten wir zumindest beibehalten. Klar träumen wir davon, aber realistischerweise werden wir an unsere Teilnehmerzahlen aus Vor-Corona-Zeiten nicht anschließen können. Zahlen von 3000 bis 3300 Startern sind einfach nicht mehr drin. Das liegt mitunter auch daran, dass Sport und Anstrengung, so ist es zumindest meine Wahrnehmung, nicht mehr denselben gesellschaftlichen Stellenwert haben wie noch vor einigen Jahren. Es gab Zeiten, in denen die Teilnahme am „Bike“ für jeden Mitte 40-er einfach dazugehört hat. War man sportlich aktiv, musste das einfach sein. Man kann schon sagen, dass beim Bike-Marathon mitzufahren in gewisser Weise als Statussymbol galt. Diesen Stellenwert sehen die Leute darin nicht mehr.

Kiauka: Für uns gilt, dass der Bike-Marathon als Gesamtpaket zu betrachten ist. Klar, es gibt auf der einen Seite das Rennen – auf der anderen Seite aber auch das Fest, welches die Besucher lockt. Solange beides zusammen in einem gelungenen Wochenende mündet und durch unsere Sponsoren tragfähig bleibt, werden wir hieran festhalten.

Die Meldezahlen sind bislang zufriedenstellend. Wie sehen Sie die Entwicklung?

Renz: Würden wir es schaffen, an der 2000-er-Marke zu kratzen, hätten wir schon Grund zur Euphorie. Aber wie realistisch das ist, kann ich noch nicht abschätzen. Seit Corona beobachten wir den Trend, dass viele sich erst sehr spät anmelden. Von daher müssen wir wohl abwarten.

Kiauka: Die Zahlen des vergangenen Jahres haben zumindest gezeigt, dass unser Konzept noch funktioniert. Zufriedenstellend? Das ist mit knapp 1100 Teilnehmern noch eine andere Hausnummer. Erwartbar sind meiner Meinung nach zwischen 1400 und 1600 Anmeldungen. Da kann ich zumindest sagen, dass wir auf einem guten Weg sind und auch unseren Sponsoren ein anständiges Potenzial bieten können.

Das ist nicht so einfach, wenn die beiden größten Marathon-Events in Deutschland – Albstadt und Kirchzarten – am gleichen Wochenende um die Teilnehmerinnen und Teilnehmer buhlen?

Renz: Seit fast drei Jahrzehnten findet der „Bike“ fix zum zweiten Juli-Wochenende statt, – ist also für alle planbar. Daher würde ich die Frage gerne nach Kirchzarten weiterreichen. Wir sind natürlich im Kontakt, aber Stand jetzt lässt sich an der Situation nichts ändern. Kirchzarten hat deutlich gemacht, dass sie da recht unbeweglich sind. Uns ärgert das natürlich, schließlich sollten sich zwei so große Bike-Veranstaltungen nicht gegenseitig den Rang ablaufen.

Was motiviert Sie nach wie vor den „Bike“ weiter voranzubringen?

Renz: Der Bike-Marathon ist ein wesentlicher Teil der DNA des Ski-Clubs Onstmettingen. Vor allem das Miteinander im Verein profitiert enorm davon. Somit können wir uns ein Jahr ohne gar nicht vorstellen. Wir sind damit aufgewachsen, wir lieben es, wir brennen dafür und wollen diese Leidenschaft nach außen weitergeben.

Kiauka: Der Bike-Marathon ist jedes Jahr aufs Neue eine Herausforderung. Jedoch eine, ohne die wir auch nicht sein wollen. Gerade für mich ist es Familiensache. Mein Schwiegervater arbeitet an den Pokalen und freut sich schon aufs Mulchen der Strecke, meine Frau und ihr Team planen das Festgelände und die Bewirtung und auch bei mir drängt sich ein Termin an den nächsten.

Seit Monaten laufen die Vorbereitungen. Was hat Ihnen am meisten Kopfzerbrechen bereitet?

Kiauka: Mitunter natürlich die geplante Baustelle auf der B 463. Die hat uns schon ordentlich Bauchschmerzen bereitet, aber letztendlich konnten wir uns mit der Stadt darauf einigen, dass die Grundstrecke bestehen bleiben kann, jedoch ein kleiner Abschnitt entsprechend modifiziert werden muss. Zudem hat man uns zugesichert, dass die Bauarbeiten im Ortsteil (Pfeffingen oder Lautlingen) erst am Montag nach dem Bike-Marathon beginnen werden. Das zeigt auch den Stellenwert, den die Veranstaltung für unsere Region hat.

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