Albstadt

Hass und Hetze – junge Albstädter erzählen bei Diskussion in Ebingen von ihren Erfahrungen

06.05.2024

Von Christoph John

Hass und Hetze – junge Albstädter erzählen bei Diskussion in Ebingen von ihren Erfahrungen

© Christoph John

Peter Demmer (links) moderierte die Diskussion im KulTurm. Auf dem Podium: Drei junge Menschen aus Albstadt – Kevin Paal, Sheherazade Soudani und Fanny Arnold (von links) berichteten von ihren Sorgen und ihrem Umgang mit Hass und Hetze.

Es ging um den Umgang mit Hass und Hetze und darum, was man dagegen tun kann. Die Podiumsdiskussion im Ebinger KulTurm wurde vom Verein Immerwaslos initiiert. Drei junge Menschen, Sheherazade Soudani, Fanny Arnold und Kevin Paal, sprechen vor interessierten Zuhörern über ihre Erfahrungen, Sorgen und Hoffnungen.

Politischer Extremismus – ein Problem in Albstadt? Die Albstädter Jugendinitiative „Immerwaslos“ suchte Antworten auf diese Frage und lud vor Kurzem zu einer Podiumsdiskussion im Ebinger KulTurm ein. Moderator Peter Demmer, Sozialpädagoge und Vertreter der Jugendinitiative, befragte an diesem Abend drei junge Menschen auf dem Podium nach ihren Erfahrungen mit dem Thema Extremismus.

Großstädte im Vergleich zum ländlichen Raum

Die überraschende Antwort: In Großstädten wie Berlin oder Stuttgart fühlten sich die Angesprochenen wohler und sicherer als hier in Albstadt. Von Beleidigungen, verbalen Angriffen, Verletzungen der Würde mussten junge Frauen und Menschen mit Migrationshintergrund berichten – gerade hier im eher ländlichen Bereich.

Wo beginnt Extremismus?

Ist das schon Extremismus? Die Diskussionsteilnehmer auf dem Podium erklärten: Für Sheherazade Soudani, Studentin der Sozialpädagogik, beginnt Extremismus bereits mit alltäglichen Verhaltensweisen: Eine beleidigende Bemerkung, Vorurteile, körperliche Angriffe.

Gegen die freiheitliche Ordnung

Kevin Paal, Vertreter der IG-Metall-Jugend, warnt: Politischer Extremismus, sowohl linker als auch rechter Spielart, richtet sich darüber hinaus mit Gewalt gegen die freiheitliche Ordnung.

Und Fanny Arnold, engagierte Schülerin am Progymnasium Tailfingen, antwortet auf die Frage, ob sie nicht Angst habe, sich offen zu zeigen gegen Hass und Hetze: „Ja, aber es ist mir wichtig, dagegen einzustehen.“

Flüchtlingsfrage als Reizthema

Zweifellos bildet die Flüchtlingsfrage derzeit eines der großen Reizthemen im politischen Raum und ist auch Ursache für bittere Auseinandersetzungen, bis hin zu verbalen und körperlichen Bedrohungen. Bis in persönliche Beziehungen hinein, seien es Freunde oder Familie, spielt dieses Problem eine ungute Rolle. Das können die drei aus eigener Erfahrung bestätigen.

Kampf gegen Vorurteile

Es brauche Mut und Rückgrat, sich in diesen Zeiten für Verfolgte und Schwache einzusetzen, sagen sie. Das beginne schon mit der Aufdeckung offensichtlicher Fake-News. So gebe es bisher keinerlei negative Erfahrungen mit den Flüchtlingen in den Unterkünften am Thalia-Theater in Tailfingen oder im „Lamm“ in Killer, obwohl immer wieder das Gegenteil behauptet werde.

Rolle der Lokalpolitik

In diesem Zusammenhang wurde das Verhalten von Lokalpolitikern zunächst gelobt, die teilweise bereit gewesen seien, sich der Diskussion mit wütenden Bürgern zu stellen. Zugleich aber übte Sheherazade Soudani auch Kritik: Statt Solidarität mit geflüchteten Menschen zu üben, sähen sich Bürgermeister und Landräte oft selbst als Opfer: Sie hätten das auszubaden, höre man immer wieder, was die Bundes- und Europapolitik in der Flüchtlingsfrage versäumt habe.

Kevin Paal sieht insgesamt keine weltpolitische Wende zum Guten. Krisen und Kriege werden auch in Zukunft für steigende Flüchtlingszahlen sorgen, befürchtet er.

Einfache Antworten haben nur Populisten

Die Zusammenhänge seien komplex und einfache Antworten und Lösungen seien nicht zu haben. Gerade das berge aber die Gefahr, dass Extremisten und Populisten erstarken: Sie versprechen schnelle Lösungen, sie finden die Ursache aller Probleme oft bei Minderheiten, die als Sündenböcke herhalten müssten. Wer sich nicht mit einfachen Antworten zufrieden gebe, dürfe Anstrengung, Denkarbeit, faktenbasierte Argumentation nicht scheuen.

Was kann man gegen Extremismus tun?

Damit war zum Schluss die entscheidende Frage gestellt. Was tun gegen Extremismus? Fanny Arnold fordert Politiker zur klaren und unmissverständlichen Kommunikation auf. „Die Probleme dürfen nicht verschwiegen werden“, sagt sie. Sheherazade Soudani appelliert an Demokraten, mit offenen Augen und wachem Verstand den Anfeindungen und Beleidigungen zu begegnen, gerade auch dann, wenn es um andere Menschen geht. Kevin Paal sieht eine Chance in der Zusammenarbeit aller demokratischen Parteien.

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