Balingen

Neuer Aufstellungsbeschluss fürs Zentralklinikum: Ist Frommern bereit für das Großprojekt?

26.04.2024

Von Nicole Leukhardt

Neuer Aufstellungsbeschluss fürs Zentralklinikum: Ist Frommern bereit für das Großprojekt?

© Benno Haile

Im Gewann „Firstäcker“ zwischen Dürrwangen und Laufen soll das neue Zentralklinikum entstehen. Die Baumschule Sellner (Bildmitte) wird am angestammten Platz verbleiben und vom Klinikum mehr oder minder eingerahmt.

Der Balinger Gemeinderat hat sich am Dienstag in seiner Sitzung erneut mit dem Zentralklinikum beschäftigt. Die Räte brachten einen erneuten Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan auf den Weg, da seit dem letzten Beschluss fast sechs Jahre vergangen sind. Damit einher geht auch eine veränderte Straßenplanung. Frommern lenkt derweil den Blick auf die eigene Infrastruktur und fragt „sind wir bereit?“.

Es ist zweifelsohne das größte Projekt, das auf die Stadt in naher Zukunft zukommt: Mit dem Bau eines zentralen Klinikums zwischen den Städten Balingen und Albstadt soll „die medizinische Versorgung im Zollernalbkreis für die Bevölkerung qualifiziert“ gewährleistet werden, wie Stadtplanerin Sabine Stengel in ihrer Vorlage schreibt.

Bereits im Dezember 2017 ist der Beschluss gefasst worden, das Klinikum im Gewann Firstäcker bei Dürrwangen zu bauen. Der Alternativstandort Kelleregert bei Weilstetten wurde verworfen, da mehrere ausgewiesene Feuchtbiotope hätten geopfert werden müssen. Die Kosten für den Neubau werden aktuell mit 400 Millionen Euro beziffert.

Klinikum umrahmt die Baumschule

Vor zehn Jahren noch hatte der Gemeinderat im Gewann Firstäcker ein Gewerbegebiet geplant, dieses Planungsverfahren wurde mittlerweile eingestellt. Die für den Klinikum-Neubau notwendigen Grundstücke habe der Landkreis mittlerweile vollständig erwerben können, heißt es weiter. Das Gelände der Baumschule Sellner werde für den Bau nicht benötigt, es werde vielmehr „in das „Gesamtareal, entsprechend der Anforderungen und Vorstellungen der Eigentümer zum Erhalt ihrer Baumschule, als grüne Zäsur sowohl gestalterisch als auch nutzungstechnisch integriert werden“, schreibt die Stadtplanerin. Die Grundstücke sollen – voraussichtlich – als landwirtschaftliche Fläche ausgewiesen werden, womit der Bestandschutz „und die Weiterführung und -entwicklung des Betriebs im Rahmen der bestehenden Genehmigung“ gewährleistet sein soll.

Im nordwestlichen Bereich des Sondergebiets Klinikum, zwischen Ortsrand Dürrwangen und dem Gelände der Baumschule, sollen „Nutzungen und Bebauungen, die dem Klinikum dienen oder weitergehende Infrastruktur für das Klinikum“ sind, geplant werden. Damit sind zum Beispiel Mitarbeiterwohnungen gemeint, die in ihren Kubaturen „einen städtebaulich verträglichen Übergang vom heutigen Ortsrand zur Klinikneubebauung gewährleisten“ sollen.

Sechs Stockwerke könnten es werden

Im südöstlichen Teil entsteht das eigentliche Klinikum: Ein durchgehend zweigeschossiger Bau, der „durch die darüberliegenden Pflegegeschosse um bis zu vier weitere Geschosse erhöht werden kann“. Auf dem Dach ist ein Hubschrauberlandeplatz geplant, außerdem soll ein Parkhaus für Besucher und Mitarbeiter entstehen. Eine Fläche in Richtung Süden, also nach Laufen, soll Raum für mögliche spätere Erweiterungsbauten bieten.

Der Standort Firstäcker war vor allem von der Bevölkerung, insbesondere in Dürrwangen und Frommern, kritisch gesehen worden, da es sich einerseits um ein naturschutzrelevantes Gebiet handelt, unter anderem um einen Teil eines Vogelschutzgebiets. Die Vorranggebiete für Landwirtschaft, Naturschutz und Landschaftspflege seien mittlerweile vollständig zurückgenommen und an „anderen Stellen im Gebiet der Stadt vollständig ersetzt, beziehungsweise kompensiert“ worden.

Es könne jedoch gemäß einer Voreinschätzung nicht ausgeschlossen werden, dass der Nahrungsraum für den Rotmilan und ein Brutrevier des Neuntöters betroffen seien. Andererseits wurde auch das Oberflächenwasser, das bei starkem Regen hangabwärts fließt, als Argument gegen den Klinikneubau an dieser Stelle ins Feld geführt.

Oberflächenwasser soll umgeleitet werden

Die Karten zeigten im Bereich des zukünftigen Klinikstandorts, „dass das anfallende Oberflächenwasser derzeit von Nordost nach Südwest, entsprechend dem Geländeverlauf, abfließt“, heißt es in der Vorlage. Hier soll eine detaillierte Entwässerungsplanung, die mit zusätzlicher Versiegelung einhergehe, eine Verbesserung bringen: einerseits durch eine Einleitungsbeschränkung verbunden mit einer Regenwasserrückhaltung, andererseits durch „weitere Festsetzungen“, wie einer Dachbegrünung. Gleichzeitig solle der Niederschlag über eine neue Trasse über die Heckäckerstraße direkt in die Eyach geleitet werden.

Eine Unterführung erschließt den Westen

Stichwort Straßen: Ende 2025, Anfang 2026 soll ein Kreisverkehr gebaut werden, über den das Klinikum und der Ort Dürrwangen angefahren werden sollen. Doch auch die Gebäude westliche der Bundesstraße, wie die Ziegelhütte, die Säge und die Martinshütte, müssen neu erschlossen werden: Das Gebiet verliert seine direkte Zufahrt und wird künftig über die Abfahrt der Klinik und durch eine Unterführung auf die westliche Seite der 463 erschlossen.

Bei allem Planen dürfe aber die Ortschaft Frommern nicht vergessen werden, wie Ortsvorsteher Stephan Reuß in der Gemeinderatssitzung am Dienstag anmerkte. „Wir stehen dem Projekt sehr aufgeschlossen gegenüber“, begann er. Es dürfe jedoch nicht vergessen werden, dass es sich dabei um die größte infrastrukturelle Maßnahme für Frommern seit dem Bau des Buhrenzentrums handle, betonte er. „Wir wünschen uns keine Runderneuerung, aber wir wollen sichergehen, dass auch Frommerns Infrastruktur gewappnet ist, das Kommende aufzunehmen“, erklärte er.

Die Themen Verkehr, Wohnen, Einkaufen und Kinderbetreuung müssten sorgfältig betrachtet werden. „Es ist kein Forderungskatalog, aber eine Bitte um Prüfung, ob wir dafür bereit sind“, wie er bekräftigte. Um eben jenen Fragenkatalog bat im Anschluss auch Dr. Dietmar Foth (FDP). Dem erneuten Aufstellungsbeschluss stimmte das Gremium mit einer Enthaltung mehrheitlich zu.

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