Heuberg

Smartwatch in Grundschulbetreuung eingezogen: Vater auf dem Heuberg rastet aus

24.04.2024

von Regina Braungart

Smartwatch in Grundschulbetreuung eingezogen: Vater auf dem Heuberg rastet aus

© Andrea Hermle

Was früher einfach gutes Benehmen war ist heute auch auf dem Land nicht mehr selbstverständlich. das hat viele Gründe, sagt Schulsozialarbeiter Ingo Brehm.

„Fick dich!“, „Du Hurensohn!“: Schon in der Grundschule läuft Erziehung bei bis zu 20 Prozent der Schüler aus dem Ruder. Es muss etwas getan werden, sagt Sozialarbeiter Ingo Brehm.

Sozialarbeiter für Kindergärten, Helikoptereltern oder Vernachlässigung - und wenig vernünftige und pragmatische Erziehung der Kinder sowie viel zu viel und oft ungehemmter Internetkonsum: Schulsozialarbeiter Ingo Brehm hat einen Brandbrief an die Öffentlichkeit geschrieben. Diesen haben wir bereits veröffentlicht.

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Er kann in diesem Jahr auf 20 Jahre Schulsozialarbeit auf dem Heuberg zurückblicken. Jetzt will er zusammen mit seinen Kollegen aus anderen Heuberggemeinden einen runden Tisch am 6. Mai um 18.30 Uhr in der Juraschule einrichten, wie man dem Trend entgegenwirken kann. Regina Braungart hat nachgehakt.

Herr Brehm, Sie sagten, dass wenig bis keine Erziehung mehr stattfindet in manchen Häusern. Auch, weil aus wirtschaftlichen Notwendigkeiten beide Eltern viel arbeiten müssen. Aber ist es nicht vielleicht auch eine Frage verschiedener Erziehungsstile? Von äußeren und inneren Grenzen?

Zum einen ist es sicherlich so: Was ich selbst an Erziehung genossen habe, gebe ich weiter. Wogegen es heute so ist, dass schon viele Eltern nicht mehr in den Genuss von Erziehung gekommen sind. Und häufig arbeiten Oma und Opa auch noch und die Kinder sind sich selbst überlassen oder besuchen eine Betreuungseinrichtung.

Wenn Kinder weniger Zeit mit den Eltern verbringen, verbringen sie diese Zeit mit etwas anderem. Medien werden auch als Erziehungsinstrument genutzt. Am Feierabend, wenn die Eltern müde sind, sind die Kinder mit dem Handy erstmal versorgt. Das erlebe ich bei vielen Familien so.

Es war ja früher auch nicht so, dass die Eltern viel Zeit hatten. Aber da sind die Kinder halt bei den hausnahen Tätigkeiten, etwa in der Landwirtschaft, oft mitgelaufen.

Genau. Die Größeren haben sich um die Kleineren gekümmert, oder man hat die Kleinen mitgenommen zum Melken und die Kleinen haben sich irgendwie beschäftigt.

Heute komme ich schon mal in ein Haus, da sitzt der Zweijährige vor einem Fernseher, der den ganzen Tag läuft - das ist die Kinderbetreuung.

Man lernt dann auch kein Sozialverhalten mehr, sich in der Gruppe zu bewegen.

Ganz genau, darum geht es. Wenn ich zum Beispiel in Klassen nachfrage: Wer von Euch ist in einem Verein? Es werden sukzessive immer weniger Kinder. Sie haben nicht wenigstens einmal in der Woche in der Gruppe, haben Freude, erleben vielleicht auch mal eine Niederlage.

Aber mir ist wichtig: Wir haben immer noch viele Leute, die es richtig machen. Aber wir haben grundsätzlich eine Zunahme von Familien, die sich nicht um die Kinder kümmern oder kümmern können. Es gibt aber auch zunehmend Eltern, die wollen ihren Kindern wirklich alles ermöglichen. Diese stellen jegliche Kompetenz außerhalb ihres Einflussbereiches in Frage. Ihre Kinder haben grundsätzlich immer recht, bekommen jegliche Unterstützung mit allen Bespaßungsprogrammen, die es gibt. Diese Kinder lernen nicht, dass sie sich auch mal zurücknehmen oder auch mal verlieren können müssen. Diese beiden Gruppen nehmen zu.

Aber kann es nicht auch sein, dass die früheren dörflichen „Autoritäten“, zu denen auch der Lehrer gehörte, heute als ganz normale Berufstätige gelten und sie deshalb vielleicht beleidigt sind? Weil das ein Statusverlust ist?

Diese Beobachtung mache ich jetzt so nicht. Die Grundhaltung der Eltern ist eher: Man darf sich nichts gefallen lassen, man muss sich immer zur Wehr setzen, man akzeptiert vieles nicht.

Ich erlebe einen gewissen Egoismus und eine Zeit, in der Menschen primär an ihre eigenen Vorteile denken und immer das Gefühl haben, sie kommen zu kurz. Im vergangenen Jahr ist ein Papa wutentbrannt in die Betreuung gekommen, weil man seinem Erstklässlerkind die Smartwatch abgenommen hat.

Der entgleiste verbal und fast auch körperlich. Wo sind wir da hingekommen? Abgesehen davon, dass man sich unterhalten kann, ob ein Erstklässler eine Smartwatch braucht - es gibt Regeln und Grenzen, die die Schule vorgibt, und das ist diesen Eltern völlig egal. Das Ich steht immer im Mittelpunkt und alles andere hat darum herumzutanzen.

Sie haben in Ihrem „Brandbrief“ geschrieben: Die Ausbilder, die die mangelnde Ausbildungsreife kritisieren, mögen doch mal in die Abschlussklassen blicken: Was sehen sie denn da?

Im Werkrealschulbereich – durchgängig liebe, nette Jungs und Mädels. Aber das Leistungsniveau ist massiv abgesackt. Wenn ich vor 15, 20 Jahren Bewerbungen mit ihnen schrieb, konnte ich davon ausgehen, dass die mehr oder weniger in Ordnung waren.

Heute sehen Sie, dass Sie nicht mal mehr im Ansatz verstehen, was gemeint ist. Wir sprechen ganz klar von einem Niveauverlust in den Grundtechniken. Interessant ist dann für Ausbilder sicher auch zu sehen, wie es in den Pausen oder manchen Unterrichtssituationen zugeht, wo es sehr schwierig ist, Regeln einzufordern.

Ganz extrem finde ich es im Grundschulbereich, wo Kinder unterwegs sind, die mit einem Minimum an Erziehung die Schule besuchen.

Was genau fehlt da? Welche Bilder haben Sie da vor sich?

Bilder von schreienden Kindern, die nicht mehr ruhig dasitzen können, die ihre Nebensitzer/innen wüst beleidigen: „Du Hurensohn“, „Fick Dich“ „ Ich lutsch deinen Schwanz“...

Was?

Und wir sprechen von Grundschülern. Kinder, die, wenn ihnen etwas nicht gegeben wird, einfach losschlagen.

Aber auch hier gilt: Wir haben viele Kinder, die völlig normal sind, wo man merkt, da ist jemand hinterher. Aber diese Fälle, die ich eben beschrieben habe, nehmen massiv zu.

In welchem Umfang?

Ich würde mal sagen, wir haben in jeder Grundschulkasse von 20 Kindern zwischen zehn und 20 Prozent, eher 20, die genauso unterwegs sind. Und ich habe noch gar nicht von der Leistungsfähigkeit gesprochen.

Denn Verhaltensauffälligkeit resultiert ja auch aus Frust. Wir haben eine immense Heterogenität, die zunimmt. Jedem Kind gerecht zu werden, ist eine Herausforderung für Eltern. Man kriegt das noch hin, wenn Eltern und Schule partnerschaftlich zusammenarbeiten.

Aber die Bereitschaft zur partnerschaftlichen Zusammenarbeit nimmt ab. Ich beobachte Unfähigkeit und Ignoranz bei Eltern, die zunimmt.

Da ist der Reflex: „Mein Kind ist genauso gut oder viel besser, es sind immer nur die anderen schuld, und die Lehrerin ist ungerecht und hat womöglich was gegen Ausländer.“ Jugendliche sind immer spannend, sie lehnen sich immer auf, aber das eigentliche Thema ist: Was ist in Grundschulen?

Haben Sie zum Beispiel mal in einem Integrationskurs gesprochen, was als gute Erziehung hierzulande gilt, weil es eben ganz unterschiedliche Ansätze zwischen scharfer sozialer Kontrolle und intrinsischer Grenzeinhaltung wie bei uns gibt?

Nein, da war ich noch nicht. Ich sage Ihnen ein anderes Beispiel: Mein Schwiegervater, der auch Lehrer war, gibt Sprachkurse, und ihm ist aufgefallen, dass zu Beginn die Leute mit einer großen Hochachtung auftreten.

Wegen des sozialen Status, den der Lehrer hat. Sie lernen schnell, dass dieser Status nicht vorhanden ist in Deutschland.

Aber die Norm ist ja trotzdem, dass man Menschen gegenüber respektvoll auftritt, eben nicht unterwürfig oder im Sinne vom alten Lehrerbild. Sondern weil er ein Mensch ist, der etwas weiß und einem etwas beibringen kann. Zu begreifen, dass man sich innerlich respektvoll verhält und nicht, weil man äußerlich Sanktionen zu befürchten hat, ist schon ein Unterschied im Zugang.

Ich glaube aber, dass diese intrinsische Motivation, sich an Normen und Werte zu halten, abnimmt, weil es keine Konsequenzen gibt. Oder sich so zu verhalten, weil es sich so gehört oder man auch selber so behandelt werden will – das ist bei vielen noch vorhanden, aber bei vielen halt auch nicht mehr.

Vor allem Kinder erhalten diese Konsequenzen nicht mehr, wenn sie sich respektlos verhalten. Im Gegenteil, sie werden zum Teil noch bestärkt.

Sie haben vorher zitiert, was Grundschüler so von sich geben. Woher sollen die wissen, was das bedeutet „Fick Dich“? Die Schulleiterin Silke Müller hat in ihrem Buch „Wir verlieren unsere Kinder“ beschrieben, wessen die Kinder über soziale Medien ausgesetzt sind. Nämlich unter anderem harter Pornografie und brutalster, sadistischer, auch sexualisierter Gewalt auch gegen Säuglinge, Kinder, Tiere. In einer Dokumentation mit ihr habe ich eine Szene gesehen - und die war extra total verschwommen gemacht - wie einer ein Tier verletzt und quält. Ich habe es nicht genau gesehen und trotzdem ist mir das tagelang nachgegangen - was muss sowas erst mit Kinderseelen machen?

Wenn ich sowas täglich konsumiere, stumpfe ich ab. Wenn ich Gewalt bei anderen erlebe und womöglich auch, wenn ich selber solche Dinge erleben muss.

Wenn Kinder solche traumatisierenden Bilder ständig konsumieren - verändern sich dann auch ihre Gehirne, etwa wie bei Kindersoldaten? Statistisch belegt ist ja, dass Kinder zunehmend schwere Gewalt ausüben.

Auf jeden Fall stumpfen sie ab. Ob man das im einen oder anderen Fall selber „ausprobiert“ - ich wäre nicht erstaunt. Realität findet für die Kinder ja medial statt, was man dann auch mal in der analogen Welt ausleben will.

Aber zu diesem medialen Konsum von Dingen, die weder für Erwachsene und vor allem nicht für Kinder gut sind, kommt diese Ablehnung von Grenzen. Diese Frustration und Wut gepaart mit Egoismus.

Sie haben ja auch ein Kindergarten-Pflichtjahr gefordert. Gibt es überhaupt noch Familien, die ihre Kinder nicht in den Kindergarten schicken?

Es kommt tatsächlich selten vor, aber die gibt es. Die Realität, die ich beobachte, ist abnehmende Elternkompetenz. Also muss das jemand kompensieren.

Frühkindliche Bildung ist in meinen Augen ein sehr wichtiger Player, und Kindergarten ist nicht einfach nett, sondern grundsätzlich wichtig. Man kann die Bedeutung von etwas erhöhen, wenn ich es zur Pflicht mache.

Diese Institutionen sollten so ausgestattet werden, dass die Kinder dann mit einem prall gepackten Rucksack in die schulische Bildung starten können. Damit das Defizit in frühkindlicher Bildung, das gesellschaftlich nicht mehr aufgefangen wird, trotzdem dort aufgefangen wird.

Es geht also einmal um Grenzen und Regeln, um die Kompensation von fehlender Elternkompetenz. Aber wenn die Politik eingreift, kommt sofort wieder das Geschrei, vor allem von populistischer Seite: Verbotsstaat! Wie soll man es also machen?

Man soll es machen ...

Und ignorieren, dass jemand herumschreit?

Ja. Wir haben in unserem demokratischen System, mit dem ich grundsätzlich sehr glücklich bin, das Problem, dass immer irgendwann Wahlen anstehen.

Wenn jemand, egal ob schwarz, rot oder grün etwas macht, was vielen nicht passt, wird der abgewählt. Einen guten Ansatz fand ich den Bildungsgipfel mit Opposition und Regierung. Es geht um unsere Gesellschaft und unsere Zukunft - und da wird mir zeitweise Angst und Bange. Was ich hier erlebe, spielt sich auf dem flachen Land ab, wo es einem wirtschaftlich fast nicht besser gehen kann. Allein schon in Tuttlingen ist es viel stärker.

Ich finde wichtig, dass wir die grundsätzlichen Dinge - weil das unsere Gesellschaft in der Zukunft sein wird - angehen müssen. Und Bildungspolitik verträgt kein Hin und Her je nach Wahlergebnis.

Auch aus der wirtschaftlichen Perspektive ist das Nicht-Handeln viel zu kurz gegriffen, dann was jetzt versäumt wird, wird - wie beim Klimawandel - nicht mehr bezahlbar sein in Zukunft.

So ist es. Es ist der Wähler, der die Suppe, die er sich jetzt einbrockt, selber auslöffeln muss. Ich will aber nicht alles schlecht reden. In unserem Land läuft vieles sehr gut, und es gibt viele Länder die wären froh, sie hätten unsere Probleme.

Aber es geht eben tiefer, wenn die Struktur und die Psyche von Kindern zerstört oder deformiert ist, ist das die Grundlage von allem, was nachher kommt. Wie wenn man einen kleinen Keimling so beschneidet, dass nichts mehr draus werden kann.

Ganz genauso ist es. Und die Institution Schule, mit den vielen engagierten Menschen, kann diese Defizite alleine nicht auffangen.

Brandbrief von Ingo Brehm vom 17. April 2024

Ingo Brehm ist seit 20 Jahren als Schulsozialarbeiter auf den Heuberg in den Schulen in Gosheim und Wehingen tätig. „Zeit für eine kritische und durchaus provokative Bestandsaufnahme.“ Es ist eigentlich eine Brandrede. Wir drucken sie in vollem Umfang ab.

„Sehr geehrte Leserinnen und Leser, Der Heuberg: Landschaftliches Idyll, prosperierende Gemeinden, eine starke Industrie, nahezu Vollbeschäftigung, hervorragende Infrastruktur. Hier scheint die Welt noch in Ordnung zu sein? Ein klares Nein. Auch hier gibt es Gewalt gegen Kinder, vernachlässigte Kinder, Armut, sich nach Trennung erbittert streitende Eltern, gravierende Verhaltensauffälligkeiten, mit der Erziehung völlig überforderte Eltern, Schulabsentismus, psychische Auffälligkeiten..., die Liste ließe sich beliebig verlängern.

Bereits mehrmals ist mir der Wunsch zu Ohren gekommen, Sozialarbeit in den Kindergärten zu installieren. Dieser Wunsch geht leider nicht an der Realität vorbei. Er ist vielmehr Ausdruck dessen, was in unserer Gesellschaft schiefläuft und ja, er ist absolut berechtigt. Fragen Sie gerne in den Kindergärten nach.

Erziehung überfordert immer mehr

Das berechtigte Streben nach Wohlstand, in einer Gesellschaft, deren Wirtschaft rund um die Uhr läuft und weltweit agiert, hat seinen Preis. Dies wird nicht zuletzt beim Blick auf Kinder und deren Eltern deutlich:

Immer mehr Kinder lassen einfache Grundprinzipien des gesellschaftlichen Miteinanders vermissen. Eine zunehmende Zahl von Kindern ist mehr oder weniger grenzenlos unterwegs. Es fehlt an Höflichkeit, an Respekt, an Toleranz. Augenscheinlich wird in immer mehr Haushalten auf die Vermittlung dieser, für das gesellschaftliche Fortkommen essentiellen, Grundtugenden verzichtet. Teilweise, weil Eltern diese Eigenschaften selbst nicht erlernt haben. Häufig aber deshalb, weil bei Eltern hierfür die Kraft fehlt. Denen es häufig nur noch mühsam gelingt, den Spagat zwischen Erziehung und Berufstätigkeit zu meistern, oder die daran scheitern.

Einfache Rituale finden immer weniger statt. Die tägliche gemeinsame Mahlzeit beispielsweise. Nicht aus Interessenlosigkeit, sondern schlicht deshalb, weil es die gemeinsame Anwesenheit aller Familienmitglieder häufig gar nicht mehr gibt. Ich kenne viele Eltern, die in gegenläufigen Schichten arbeiten und sich häufig nur noch die Klinke in die Hand geben.

Großes Thema in vielen Familien ist die Nutzung von Medien. Die Nutzung derselben ist bei vielen Kindern - und Erwachsenen - oft nicht begrenzt; trotz zahlreicher Aufklärungsveranstaltungen in Schulklassen oder aber bei Elternabenden - wobei dort dann oft gerade diejenigen fehlen, die es brauchen würden. Abfragen in Schulklassen jüngerer Jahrgangsstufen, die ich immer wieder mal mache, zeigen, dass die Handynutzung nur bei einer Minderheit mittels Jugendschutz-Apps kontrolliert und reglementiert wird.

Kinder sind ein Spiegel unserer Gesellschaft. Ganz ehrlich, da wird mir zeitweise ganz schön mulmig

Inkonstante Bildungspolitik

Sichtbar werden auch die Ergebnisse einer immer nur auf die jeweilige Wahlperiode angelegten Bildungspolitik der vergangenen Jahrzehnte - genannt seien hier: Schwächung der Hauptschulen durch permanente Auflösungsdiskussionen, Schwächung der Realschulen durch Implementierung des Hauptschulabschlusses (G-Niveau), überstürzte Inklusion mit zu wenig Fachpersonal, Individualisierter Unterricht („jeder in seinem Tempo“) mit zu wenig Lehrkräften, planlose Integration von Kindern ohne deutsche Sprachkenntnisse… Dass unsere Kinder „bildungstechnisch“ nur noch Mittelmaß sind, hat auch mit fragwürdigen Entscheidungen einer inkonstanten Bildungspolitik zu tun.

Sündenbock Schule

Entscheidungen der Bildungspolitik müssen die Schulen mit Inhalt füllen und taugen damit wunderbar zum Sündenbock. Das Schimpfen auf die „faulen“ Lehrkräfte ist zum Volkssport geworden. Dass Lehrkräfte nicht nur bildungspolitische Vorgaben umsetzen müssen – als Beispiel sei genannt das Unterrichten nach G- und M- Niveau an Realschulen – sondern auch immer mehr mit den Ergebnissen fehlender elterlicher Unterstützung konfrontiert werden, wird oftmals gar nicht wahrgenommen. Ich empfehle jedem Ausbilder der – durchaus zurecht – die oft nicht vorhandene Ausbildungsreife von jugendlichen Schulabgängern bemängelt, einen Blick in die Realität unserer Schulen. Schauen Sie sich gerne die Abschlussklassen an. Richtig interessant aber wird es beim Blick in die Grundschulen: Es ist nicht zu fassen, wie wenig elterliche Erziehung manche Kinder mitbringen, wenn sie in ihre Schullaufbahn starten.

Während manche zu wenig bekommen, erhalten andere zu viel, Stichwort Helikopter. Wenn Kinder keinerlei negative Erfahrungen machen dürfen. Nicht mehr lernen zu verlieren. Es entwickeln sich Menschen, mit gering ausgeprägter Frustrationstoleranz, denen jegliches Hindernis aus dem Weg geräumt wird. Weg vom Thema, aber doch passend: Dass im Kindersport – Bundesjugendspiele, Jugendfußball – nunmehr immer alle gewinnen sollen, für mich unerklärbar.

Und jetzt?

„Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr“. Wenn also immer mehr Eltern weniger Erziehungsarbeit zu leisten im Stande sind, muss dieses Fehlen kompensiert werden. Frühkindliche Bildung muss wichtiger werden und benötigt absolute Priorität. Die hier geleistete Bildungs- und Sozialarbeit ist für die künftige Entwicklung unserer Gesellschaft von allergrößter Bedeutung.

In diesem Zusammenhang halte ich die Einführung eines Kindergartenpflichtjahres für absolut sinnvoll, ebenso die Abschaffung von Kindergartenbeiträgen.

Schulsozialarbeit Heuberg sucht Mitstreiter

Ich habe nunmehr sehr deutlich zum Ausdruck gebracht, dass bei uns, nach meinem Empfinden, einiges schiefläuft. Die funktionierende Mitte, in der mit gesundem Menschenverstand gelebt und Erziehung geleistet wird, schrumpft.

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