Fussball

Abstieg der TSG Balingen perfekt: Trendwende unter Murat Isik bleibt aus

20.04.2024

Von Marcel Schlegel

Abstieg der TSG Balingen perfekt: Trendwende unter Murat Isik bleibt aus

© Eibner-Pressefoto/Constantin Zinn

Vergebens stemmte sich die TSG in Offenbach gegen den Abstieg.

Mit 0:5 hat die TSG Balingen am Samstag bei Kickers Offenbach verloren und damit die wohl letzte Chance auf den Regionalliga-Klassenerhalt verspielt. Faktisch sind die Schwaben damit abgestiegen.

Ein schwäbisches Wunder hätte es im Saisonendspurt gebraucht. Stattdessen gab’s für die TSG Balingen im wohl vorerst fünftletzten Regionalliga-Spiel eine hessische Abreibung. Mit 0:5 unterlagen die Württemberger am Samstagnachmittag bei Kickers Offenbach.

Nach fünf Jahren, in denen sich der Low-Budget-Klub mit einer Mannschaft aus Amateurfußballern in der Südweststaffel gehalten hatte, steht der Abstieg der TSG Balingen in die Oberliga Baden-Württemberg damit quasi fest. Sollte Drittliga-Schlusslicht SC Freiburg 2 nicht noch durch ein Wunder die Klasse halten, wäre der Balinger Viertliga-Abschied auch rechnerisch besiegelt. Faktisch ist er das.

Von erheblichem Verletzungspech torpediert

Enttäuscht, gewiss – ein bisschen traurig, ja auch das sei er schon, sagte Vereinschef Eugen Straubinger am Rande des Bieberer Berg zu Offenbach. Andererseits habe man sich spätestens seit der Winterpause behutsam auf das Abstiegsszenario vorbereiten und entsprechende Planungsschritte einleiten können.

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Dies zum einen, weil die Kluft zum rettenden Ufer bereits zur Jahreswende eklatant war und der Abstiegskampf im Südwesten durch die Dominanz Südwest-relevanter Teams im Tabellenkeller der 3. Liga verschärft wird. Und zum anderen, weil der Trainerwechsel im Winter – von Martin Braun hin zu Murat Isik – zwar anfangs Früchte trug, aber zuletzt verpuffte und schließlich von erheblichem Verletzungspech torpediert wurde.

Abstieg in Planungen miteinbezogen

„Wir waren uns zu jedem Zeitpunkt unserer möglichen Regionalliga-Endlichkeit bewusst“, sagte Straubinger nach dem Spielende. „Wir haben den Abstieg als denkbares Szenario also immer auch in unsere Planungen miteinbezogen“, so der Vorsitzende des 2020 vom Hauptverein abgespaltenen Fußballklubs weiter. „Damit du als Amateurverein, dessen Grundgerüst aus Ehrenamt, Eigengewächsen und einem lokalen Sponsorennetz besteht, in einer Profiliga bestehen kannst, muss schon alles passen.“

Fünf Jahre passte am Rande der Schwäbischen Alb tatsächlich sehr vieles sehr gut zusammen. Fünf Spielzeiten lang hatten die Schwaben in Sachen Neuverpflichtungen ein goldenes Händchen bewiesen, der namhaften Konkurrenz Vereinsmentalität und Teamchemie entgegengestellt – und gewiss hie und da auch Glück gehabt, etwa in der Corona-Saison 2020/21, die annulliert wurde und der TSG so den Klassenerhalt bescherte.

Fünf Balinger Jahre am Rande des Profifußballs waren es, in denen sich die TSG zusehends professionalisierte und durch Strukturreformen sukzessive zur Viertliga-Reife gelangte. Und dabei auch sportlich eine annähernd tadellose Entwicklung nahm, im vergangenen Jahr mit Platz sechs und dem erstmaligen Gewinn des württembergischen Landespokals die größten Erfolge der Vereinsgeschichte feierte.

Fünf Spielzeiten aber auch, in denen ein Aufstiegsheld nach dem anderen der Doppelbelastung aus Hauptjob und Feierabendfußball in der vierten Liga Tribut zollte, es zuweilen auch zu Störfeuern kam und der TSG-Kader infolgedessen nach und nach immer weniger Local Heroes bereithielt. Doch genau auf die wird es in Balingen nun wieder ankommen.

Mannschaft soll zusammenbleiben

Das weiß auch Straubinger, der gemeinsam mit Trainer Murat Isik und Manager Jonathan Annel schon seit der Winterpause in Verhandlungen mit den Spielern des aktuellen Kaders ist und auch erste Zusagen bekommen hat (unter anderem Eisele, Müller, Kuhn). „Wir wollen die Mannschaft bestmöglich zusammenhalten, auch werden wir niemanden vor die Tür setzen“, sagt der Funktionär. „Sprich, alle haben von uns ein Vertragsangebot erhalten.“

Dennoch weiß auch der frühere Schulleiter, dass gerade für jene Spieler, die eben nicht aus der eigenen Jugend oder der direkten Umgebung kommen, die TSG Balingen vor allem wegen der Möglichkeit interessant war, sich auf der Plattform Regionalliga zu beweisen. Dieses Argument im Werben um Talente fällt nun weg.

Straubinger rechnet daher mit weiteren Abgängen – neben Lukas Ramser, Aron Viventi und Tim Wöhrle (alle Ziel unbekannt), die ihren Abschied schon verkündeten. Gerade hinter Leistungsträgern wie Leander Vochatzer (liebäugelte immer wieder mit einem Abschied), Pedro Almeida Morais (steigerte sich unter Isik), Jonas Meiser (derzeit verletzt) und selbst den Lokalmatadoren Jan Ferdinand (von Isik wenig berücksichtigt) und Kaan Akkaya (von Isik überhaupt nicht berücksichtigt) prangern daher große Fragezeichen, trotz teils laufender Verträge.

Umbruch bereits im Winter eingeleitet

Wie also geht es weiter in der Kreisstadt? Der Umbruch jedenfalls wurde schon im Winter eingeleitet. Es kamen Isik und „Co“ Kerem Arslan und mit ihnen sechs neue Spieler auf die Alb (Pilic, Brugger, Eroglu, Sanchez, Campanile, für diese Saison Griebsch und zur neuen Runde Görr). Schon da deutete sich an, dass man in Balingen eher auf den langen Atem und abermals auf die eigene Jugend (Bader, Schneider) setzt. Denn statt erfahrene Ex-Profis zu verpflichten, die im Abstiegskampf womöglich direkt hätten weiterhelfen können, sicherte man sich die Dienste von jungen Spielern mit Perspektive und zum Teil mit Verletzung – und stattete sie mit Oberliga-Verträgen aus.

Starke Konkurrenz in der Oberliga

„Unser Ziel ist es, schnellstmöglich wieder in die Regionalliga zurückzukehren“, erklärte Straubinger. „Das haben wir in unserem Strategiepapier so festgehalten: Wir wollen uns mittel- und langfristig in der Regionalliga Südwest etablieren.“ Und kurzfristig? „Es wäre natürlich ideal, wenn wir den Wiederaufstieg direkt schaffen würden“, antwortete Straubinger. „Aber wir wissen um die Stärke der Oberliga Baden-Württemberg und kennen auch die Möglichkeiten der dortigen Vereine – wie vom Spitzenduo FC 08 Villingen und SG Sonnenhof Großaspach oder auch dem 1. Göppinger SV und dem SSV Reutlingen.“

Zudem könnte es im Regionalliga-Abstiegskampf auch noch den FC Astoria Walldorf und/oder den VfR Aalen treffen. „Diese wären im Aufstiegskampf starke Konkurrenten“, sagte der Balinger Verantwortliche, welcher nicht davon ausgeht, dass die TSG in Sachen Etat in der Oberliga künftig ganz oben mitspielen wird, aber den Verein rein finanziell zumindest im oberen Drittel sieht.

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