Bodelshausen

Bauern protestieren in Bodelshausen – Organisatoren distanzieren sich von Rechtspopulisten

10.01.2024

Von Olga Haug

Bauern protestieren in Bodelshausen – Organisatoren distanzieren sich von Rechtspopulisten

© Olga Haug

Wie viele Personen genau am Mittwoch der Demonstration in Bodelshausen beiwohnten, war am Abend nicht im Detail zu erfahren. Es kamen jedenfalls Hunderte, auch mit privaten Autos.

Ein Protestzug fuhr am Mittwoch von Tübingen nach Bodelshausen. Bauern und hunderte Teilnehmende zeigen beim Mahnfeuer in Bodelshausen ihren Unmut, dabei distanzieren sich die Organisatoren von Rechtspopulisten: „Wir lassen uns nicht vor den Karren spannen!“

Am Mittwoch waren sie wieder unterwegs: Landwirte aus der Region haben sich zu einem großen Protestzug versammelt. Ihr Ziel: Die Regierung soll die angekündigten Subventionskürzungen für Agrardiesel wieder zurücknehmen – und ihr physisches Ziel: Bodelshausen.

Noch um 19 Uhr Hupkonzert auf der Bundesstraße

Gestartet hatte der Protestzug, zu dem rund 250 Schlepper angemeldet waren, auf dem Marktplatz in Tübingen. Gegen 15 Uhr fuhren die Demonstranten los über Rottenburg durch die Tübinger Innenstadt und schließlich über die B 27 nach Bodelshausen. Laut Plan sollten die Teilnehmenden um 17.30 Uhr auf dem privaten Feld kurz nach Ortseingang von Bodelshausen eintreffen. Um 18 Uhr sollte die Veranstaltung enden. Doch noch gegen 19 Uhr waren die Schlepper auf der angrenzenden Bundesstraße unterwegs – hupend und blinkend. Ohrenbetäubend kreativ schallte es da beispielsweise Mozart und „I‘m a Barbie Girl“ aus der Hupe eines Traktors.

„Die Bauern halten zusammen!“

Wie viele Teilnehmenden es tatsächlich waren, ließ sich am Abend nicht in Erfahrung bringen. „Wenn es weniger als 200 sind, bin ich enttäuscht“, sagte Veranstalter Jörg Kautt tags zuvor gegenüber unsrer Zeitung. Enttäuscht wurde Kautt an diesem Abend sicher nicht. „Tausende“, sagte einer der Ordnungshüter, der den in Scharen Eintrudelnden den Weg zu möglichen Parkgelegenheiten wies. „Tausende. Die Bauern halten zusammen!“

Hunderte kamen zum Mahnfeuer

Während die Traktoren nach und nach aufs Feld rollten, versammelten sich bereits hunderte Menschen auf dem privaten Gelände bei Feuerstellen, Bratwürsten und Schlagersongs. Hier warteten sie auch auf den Mann des Abends: Jörg Kautt. Er erläuterte am Mikrofon, was die Landwirte derzeit, aber auch seit langem, plagt. Beifall war ihm sicher. Jörg Kautt ist Kreisobmann beim Kreisbauernverband Tübingen und Leiter der Versammlung von Mittwoch. „Es ist Druck im Kessel, der sich nach und nach angestaut hat“, sagte Kautt. Jetzt sei es an der Zeit, Dampf abzulassen.

Bauern protestieren in Bodelshausen – Organisatoren distanzieren sich von Rechtspopulisten

© Bodelshausen

Ziel des Protestzugs am Mittwoch: Ein privates Feld beim Ortseingang von Bodelshausen, wo die Traktoren sich aneinanderreihten.

Mit beginnendem Einbruch der Dunkelheit unterstrichen die blinkenden Lichter an den Landmaschinen einmal mehr den Willen der Bauern, auf sich aufmerksam zu machen. Die Aktion erfolgte in Kooperation mit dem LSV – ein Verein, der den Namen „Landwirtschaft verbindet Deutschland“ trägt, und sich selbst als eine Bewegung von deutschen Landwirtinnen und Landwirten, deren Existenz und Betriebe durch die Politik gefährdet sind, beschreibt.

„Wir wollen die Bevölkerung nicht gegen uns aufbringen.“

Angeführt wurde der Protestzug von Tübingen nach Bodelshausen von der Polizei. „Sie ist Herr des Verfahrens“, betonte Jörg Kautt im Gespräch mit dem ZOLLERN-ALB-KURIER. Ihm war wichtig zu betonen, dass die Polizei den Demonstrationszug leitet, um zu zeigen: Hier geht alles mit rechten Dingen zu. Es ist eine angemeldete Aktion, die keinesfalls dazu dienen soll, die öffentliche Ordnung dauerhaft zu stören, unterstrich Kautt mehrfach gegenüber unserer Zeitung. „Wir wollen die Bevölkerung nicht gegen uns aufbringen.“

Lastwagen drängten sich an den Rand des Feldes

Falls sich der ein oder andere gestern doch über die Einschränkungen im Verkehr geärgert hatte, so tue es Kautt zwar leid, aber die Aktion, die Zeit und die Strecke seien bekannt gewesen. „Alles wurde offen kommuniziert“, versicherte er. Die Staus auf den Straßen blieben dennoch freilich nicht aus. Manch einer versuchte sein Glück über den Fahrradweg – und landete in einer Sackgasse. Zum Ende des Protestzugs drängten sich noch Lastwagen über den vereisten und zugeparkten Fahrradweg an den Rand des Veranstaltungsfeldes.

Regelkatalog gibt Verhaltensweisen vor

Um es für alle so verträglich wie möglich zu machen, hatte der Kreisbauernverband zuvor einen Regelkatalog zur geplanten Aktion von Mittwoch veröffentlicht, der unter anderem eine Mindestgeschwindigkeit von 30 Kilometern pro Stunde vorschrieb. Ferner durfte bei einer mehrspurigen Straße nur der rechte Fahrstreifen benutzt werden. Weitaus größeren Wert legte der Verhaltenskatalog aber auf Regeln für Plakate, Parolen und Reden: „Fahnen, Transparente, Schilder und Kleidung strafbaren Inhaltes sowie Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen sind verboten!“, hieß es da wörtlich. Radikale Aufschriften und Symbolik wie Galgen oder Totenköpfe dulde der Verband ebenso nicht. „Der Bauernverband ist ein parteiloser Verband. Die Verunglimpfung des Staates und seiner Symbole ist untersagt“, wurde im Regelkatalog noch einmal unterstrichen.

Bauern protestieren in Bodelshausen – Organisatoren distanzieren sich von Rechtspopulisten

© Olga Haug

An den Rand des Veranstaltungsfeldes drängten sich auch Fahrzeuge anderer Branchen.

Damit reagiert der Verband auf den Umstand, dass die Protestaktionen der Landwirte immer wieder von rechtspopulistischer Seite unterwandert werden. „Wir sind politisch neutral und stehen zum Grundgesetz“, betonte Kautt ausdrücklich im Gespräch mit unserer Zeitung. „Wir lassen uns nicht vor deren Karren spannen. Uns geht es um die Sache, nicht um verrückte Theorien.“ Wer sich nicht daran hält, werde unmittelbar vom Protestzug ausgeschlossen. Ganz verhindern ließ es sich offensichtlich dann doch nicht. An den Rand des Feldes drängten sich Traktoren und Lastwagen, die sich mit ihren Transparenten nicht an die vorgegebenen Spielregeln hielten. So zum Beispiel ein Lkw-Fahrer, der sich ein Transparent an den Kühlergrill geheftete hatte, das eine Ampel auf einem Sarg darstellte, umrandet von Kreuzen.

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