Balingen

Einblicke in die Arbeit: Kreisbauern stehen auf dem Balinger Wochenmarkt Rede und Antwort

28.01.2024

Von Volker Schweizer

Einblicke in die Arbeit: Kreisbauern stehen auf dem Balinger Wochenmarkt Rede und Antwort

© Volker Schweizer

„Landwirtschaft entdecken“ stand auf den Luftballons, die an Kinder verteilt wurden.

Information statt Protest: Die Kreisbauern präsentierten sich und ihre Produkte auf dem Wochenmarkt in Balingen – und erhielten dafür ganz viel Lob. „Wir geben nicht auf“, lautet aber weiterhin die zentrale Botschaft.

Ziemlich frisch war’s am Samstag, was aber die Balinger und viele Kunden von außerhalb nicht davon abgeschreckt hat, den Wochenendeinkauf im Städtle zu erledigen. Und so wimmelte es zwischen und an den Ständen schon am frühen Morgen nur so. Mittendrin, zentral vor dem Rathaus, und von weitem zu sehen, stand ein Riesentraktor, der auf eine besondere Aktion des Kreisbauernverbandes Zollernalb die Blicke lenken sollte.

Die Landwirte nutzten den Markt dafür, einen Einblick in ihre Arbeit zu geben, auf ihre Probleme aufmerksam zu machen und, was sie natürlich besonders freute, mit den Leuten, die ihr Fleisch, ihr Brot, ihr Gemüse bei den überwiegend heimischen Produzenten vor Ort kauften, ins Gespräch zu kommen. Gerade letztere Möglichkeit wurde denn auch eifrig genutzt. Obendrein wurden Flyer verteilt, und für Kinder gab es Luftballons in allen möglichen Farben.

Unterstützung für zukunftsfähiges Denken

„Da geht einem richtig das Herz auf“, meinte eine ältere Frau, als sie an den vielen Äpfeln, dem Gemüse und den Nudeln – alles war wie zu einer Art Erntedankaltar dekorativ aufgestellt – vorbeischlenderte. Jörg Bitzer aus Tübingen, der mit einem Obststand vertreten war, eilte mit seinem Handy herbei und zeigte Kreisobmann Alexander Schäfer einen Facebook-Post, in dem die „gute Aktion“ gelobt wurde, Bauern mit Verstand und zukunftsfähigem Denken müsse man unterstützen.

Einblicke in die Arbeit: Kreisbauern stehen auf dem Balinger Wochenmarkt Rede und Antwort

© Volker Schweizer

Der Obmann des Kreisbauernverbandes Zollernalb, Alexander Schäfer, und sein Sohn Felician (links) im Gespräch mit interessierten Passanten.

Solche Worte waren natürlich Balsam für die Landwirte, die sich erst am Freitag wieder mit einem kilometerlangen Korso von sich reden machten (wir berichteten). Obwohl am Samstag die Information im Vordergrund stand – „wir sind bewusst von der Straße weg“ – kamen zwangsläufig die Sorgen, nicht nur den Agrardiesel betreffend, zur Sprache.

Über neun Millionen Schweine verloren

Die Gesellschaft wisse viel zu wenig von der Urproduktion, die häufig nicht mehr hierzulande stattfinde, weil anderswo die Rahmenbedingungen besser seien. Zum Beispiel beim Schweinefleisch. Deutschland, so Alexander Schäfer, sei einmal der führende Hersteller in Europa gewesen. Die letzten zehn Jahre habe man über neun Millionen Tiere verloren, Spanien seinen Anteil dagegen um über sechs Millionen aufgestockt. Niemand schere sich um den Tier-, Grundwasser- und Klimaschutz, der in manch anderen Ländern doch mehr als fragwürdig sei. Äpfel vom Bodensee müssten mittlerweile auch mit Früchten aus Polen konkurrieren.

Die Landwirtschaft generell finde wenig Beachtung, was Alexander Schäfer sehr bedauert. Und dabei würde ohne die Bauern alles verwalden und verbuschen. Aber jeder erfreue sich beispielsweise im Sommer an blühenden Rapsfeldern, die oft Hochzeitspaaren als Kulisse dienen.

Reaktion auf Demos ein „fauler Kompromiss“

Im Gespräch kommt natürlich auch der Agrardiesel zur Sprache. Schäfers Sohn Felician kann nicht verstehen, dass die Franzosen ihre schweren Fahrzeuge mit Heizöl betanken dürfen. Die Reaktion der Politik auf die Demonstrationen werten er und sein Vater als „faulen Kompromiss“, der Deutsche Bauernverband werde deshalb nicht nachgeben. Alexander Schäfer fordert darüber hinaus Lockerungen, denn in keinem anderen Wirtschaftszweig gebe es so strikte Vorgaben wie in der Landwirtschaft. Und die würden nicht einmal europaweit gelten.

Einblicke in die Arbeit: Kreisbauern stehen auf dem Balinger Wochenmarkt Rede und Antwort

© Volker Schweizer

Der kleine Julius von den Harthöfen bei Nusplingen fuhr mit seinem kleinen Traktor vor – und mit einer Botschaft, die seine Mutter Jennifer Vesser verfasst hat.

Weitere größere Aktionen sind aktuell nicht in der Planung. Allerdings wollen die Kreisbauern noch auf dem Wochenmarkt in Hechingen den Verbrauchern Rede und Antwort stehen. In Balingen waren neben den Schäfers weitere Vertreter des Zollernalb-Verbandes anwesend, so der stellvertretende Vorsitzende Stefan Schnitzler aus Erzingen, die Agrarstudentin Melissa Rauch aus Bickelsberg, Jennifer Veeser, die auf den Harthöfen bei Nusplingen einen Milchviehbetrieb führt, Birgt Lang aus Balingen, die sich bei den Landfrauen engagiert, die Öffentlichkeitsreferentin Heike Schäfer und Lisa Guth, Agraringenieurin und Geschäftsführerin in den Kreisbauernverbänden Zollernalb und Tübingen.

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