Hechingen

Container sollen Geflüchteten für zehn Jahre ein vorübergehendes Zuhause in Hechingen bieten

11.04.2024

Von Olga Haug

Container sollen Geflüchteten für zehn Jahre ein vorübergehendes Zuhause in Hechingen bieten

© Julia Siedler

Die Wohnanlage in Containerbauweise am Zentrum am Fürstengarten steht. In den kommenden 6 Wochen soll sie bezugsfertig werden.

Alle 65 Container beim Zentrum am Fürstengarten stehen. Die ersten Geflüchteten sollen im Mai einziehen.

Jetzt sind alle da: 65 Container stehen beim Zentrum am Fürstengarten in Hechingen. Hier sollen 60 geflüchtete Menschen einziehen. Noch sind die Container leer, bald schon werden sie ausgestattet und bewohnbar sein. Bis das aber so weit ist, wird es rund sechs Wochen dauern, teilt das Landratsamt auf Nachfrage unserer Zeitung mit. Immerhin sollen laut Zeitplan die ersten Geflüchteten bereits im Mai einziehen. 30 der 65 Container sind Wohncontainer. Jeder davon ist rund 15 Quadratmeter groß und wird mit Betten, Schränken, einem kleinen Tisch und Stühlen möbliert sein.

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„Die Container werden für alle Bewohner gleich ausgestattet sein.“

Soll es in der Ausstattung Unterschiede zwischen der vorläufigen und der Anschlussunterbringung geben? Immerhin kann Letztere für einen längeren Zeitraum bewohnt werden? Nein, sagt die Kreisverwaltung: „Die Container werden für alle Bewohner gleich ausgestattet sein.“ Folglich scheint es keine höheren Standards für Anschlussunterbringungen zu geben. In solch einer bleiben Geflüchtete im Gegensatz zu einer vorläufigen Unterbringung auf unbestimmte Zeit: Sie bleiben so lange, bis sie ausreisen, abgeschoben werden, die Voraussetzung für eine Umverteilung vorliegt oder die Person eine eigene Wohnung bezieht.

Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ermöglichen

Und in der Tat, für die Anschlussunterbringung, für die die Stadt oder die Gemeinde zuständig ist, gibt es keine geregelten Standards. Für die vorläufige Unterbringung, in der Geflüchtete in der Regel höchstens zwei Jahre bleiben, hingegen schon. Das Flüchtlingsaufnahmegesetz und die EU-Aufnahmerichtlinie sehen unter anderem vor, dass die Wohn- und Schlaffläche mindestens 7 Quadratmeter haben muss. Außerdem solle der Standort die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ermöglichen, also nicht außerhalb und dezentral liegen. Ferner soll mindestens ein Gemeinschaftsraum sowie ein Raum für Kinder zugänglich sein.

„Mischform“ ist neu

Dass hier eine „Mischform“ entsteht, ist neu, hatte die Kreisverwaltung schon im Oktober betont, als sie die Pläne für die Container in Hechingen öffentlich gemacht hatte. Üblicherweise werden vorläufige Unterkünfte und Anschlussunterbringungen getrennt gehalten. Denn beide unterliegen unterschiedlichen Zuständigkeiten: Für die vorläufige trägt der Kreis die Verantwortung, für die Anschlussunterbringung die Stadt. „Stadt und Kreis stellen sich gemeinsam der großen Herausforderung“, hatte Hechingens Bürgermeister Hahn im Oktober gegenüber unserer Zeitung betont.

Kosten werden aufgeteilt

Entsprechend werden auch die Kosten gesplittet. Demnach will der Kreis zwei Drittel der Kosten übernehmen, die Stadt ein Drittel. Auch zusätzliche Kosten wie Erschließung, Möblierung und Nebenkosten wollen sich beide Parteien aufteilen.

Einziehen werden in diese Unterkunft bis zu 60 Menschen, davon 40 in der Zuständigkeit des Zollernalbkreises und 20 in der Zuständigkeit der Stadt Hechingen.

Temporäre Bleibe wird zu einer dauerhaften

In der Regel wechseln Geflüchtete nach maximal zwei Jahren von einer vorläufigen in eine Anschlussunterbringung. Ein Umzug erübrigt sich theoretisch für jene, die in der Containeranlage wohnen. Das bestätigt das Landratsamt auf Nachfrage unserer Zeitung. Eine temporäre Bleibe kann folglich fließend zu einer dauerhaften werden.

Noch keine Pläne für eine Nachnutzung

Aktuell ist die Nutzung der Container für 10 Jahre angedacht, sagt die Kreisverwaltung auf Nachfrage. Und was passiert danach? Dafür hat die Kreisverwaltung noch keinen konkret definierten Plan. Nur so viel: „Die Container können danach weitergenutzt werden. Wofür, ist aktuell nicht entschieden und vom künftigen Bedarf abhängig.“

Sanitäre Einrichtungen in separaten Containern

Bei den 65 Containern in Hechingen sind 35 für Gemeinschaftsräume, für Unterricht sowie für Verwaltung und Technik vorgesehen. Das bedeutet auch, dass sanitäre Einrichtungen in separaten Containern sind und nicht in jeder Einheit einzeln vorhanden. Vorgesehen ist zudem, dass das Landratsamt für die ersten Monate einen Sicherheitsdienst einstellt.

Über dessen Fortführung soll dann nach einiger Zeit entschieden werden, „in Abhängigkeit von Erfordernissen“, wurde in der Novembersitzung des Hechinger Gemeinderates kommuniziert. Zudem soll ein Hausmeisterdienst eingerichtet werden, der dreimal die Woche vor Ort kommt. Auch diesen will der Landkreis stellen – und finanzieren.

Vieles hängt von Zuweisungen ab

Eine Kinderbetreuung sei derzeit allerdings nicht vorgesehen, teilt das Landratsamt weiter mit: „Ob sie benötigt wird, hängt davon ab, ob überhaupt Familien mit Kindern dem Landkreis zugewiesen und ob diese in der Anlage untergebracht werden.“

Wie viele Personen pro Einheit beherbergt werden, hänge ebenso von den Zuweisungen ab, heißt es. Ebenso wenig könne die Kreisverwaltung etwas über die Herkunft der Menschen sagen.

Vom Aviona-Gelände zum Zentrum am Fürstengarten – Räte gehen kritisch mit

Ursprünglich ist das ehemalige Aviona-Gelände, im Besitz der Stadt, als Platz für die Container vorgesehen gewesen. Ende November stimmten die Hechinger Gemeinderäte schließlich für den alternativen Standort beim Zentrum am Fürstengarten. Der Platz, auf dem einst das Schwesternwohnheim stand, gehört dem Landkreis. Trotz Mehrheit (24 Pro-Stimmen, 5 Gegenstimmen und 3 Enthaltungen) wurde der neue Standort ambivalent gesehen: Als Vorteile des Aviona-Geländes nannten manche Räte die Nähe zu Betreuungseinrichtungen und Einkaufsmöglichkeiten, kritisierten aber auch, dass die Anwohner überfordert sein könnten. Das Zentrum am Fürstengarten liege abseits, wodurch sich eine Eigendynamik entwickeln könne.

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