Sigmaringen

Sigmaringer Kinderhexenprozesse im 17. Jahrhundert: Siebenjährige soll mit Dämon gesprochen haben

20.06.2024

von Chiara Paulus

Sigmaringer Kinderhexenprozesse im 17. Jahrhundert: Siebenjährige soll mit Dämon gesprochen haben

© Bing Image-Creator

Die Dorfgemeinschaft in Engelswies hetzte sogar ihre Hunde auf die kleine Maria. Sogar der Vater wendet sich von ihr ab.

Schon die Mutter von Maria Spen aus Engelswies soll mit dem Teufel im Bunde gewesen sein – und wurde 1665 hingerichtet. Als ihre Tochter verhört wird, tauchen viele Fragen auf.

Das Phänomen der Hexenverfolgung hat auch in Hohenzollern des 17. Jahrhunderts seine Spuren hinterlassen.

Maria Spen wurde in Engelswies, das damals zur Herrschaft Gutenstein gehörte, geboren. Ihre Familie genoss im Ort keinen guten Ruf, wie die Prozessakten verraten, die im Staatsarchiv in Sigmaringen verwahrt werden. Den Spens wurde Diebstahl und Brandstiftung nachgesagt und Marias Mutter Anna war als Hexe verschrien. Im Dorf erzählten sich die Bewohner, dass sie wochenlang alleine durch den Wald streife, sich in einen Werwolf verwandeln könne und Menschen von Eulen und Raben verfolgen lasse.

Als sie eines Tages einen Topf zu ihrem Elternhaus transportierte, behauptete die Dorfgemeinschaft, er enthalte „Hexensalbe“. Obwohl sie erklärte, sie habe nur Schmalz zu ihren Eltern bringen wollen, nützte ihr das nichts: Anna Spen wurde gemeinsam mit Marias Großmutter 1665 als Hexe auf dem Scheiterhaufen verbrannt.

Wohl mit Dämon gesprochen

Tochter Maria drohte ein ähnliches Schicksal wie ihrer Mutter und Großmutter. Als das Mädchen erst sieben Jahre alt war, verbreitete sich das Gerücht, sie stünde in Verbindung mit einem Dämon. Sie hatte offenbar einen unsichtbaren Freund, also einen imaginären Spielkameraden, den die Nachbarn sofort als Dämon deuteten.

Die Nachbarn konfrontierten das kleine Mädchen und setzten es so lange unter Druck, bis es Einzelheiten über den Fantasiegefährten preisgab. Maria nannte ihn „Diridum“ und behauptete, er stamme entweder aus der Hölle oder aus Rohrdorf.

Engelswieser verlangen Hexenprozess

Während der Befragung wurden die Nachbarn immer aggressiver. Sie hetzten ihre Hunde auf die Siebenjährige und verlangten lautstark einen Hexenprozess. Ihr wurde unterstellt, das Vieh verhext zu haben. Anders als es von einem Vater zu erwarten wäre, wandte sich Marias Vater Stoffel Spen, der seine Ehefrau ja bereits als angebliche Hexe verloren hatte, sofort von seiner Tochter ab und verfluchte sie sogar. Als Maria schließlich von den Behörden in Engelswies verhört wurde, gestand sie angeblich sofort, einen Liebhaber zu haben, nämlich diesen besagten „Diridum“. Er führe sie auch zu nächtlichen Hexentänzen und Flügen.

Die Behörden fragten sie nach mutmaßlichen Mittäterinnen, doch obwohl ihr Prügel angedroht wurde, nannte Maria keine Namen. Auf die Nachfrage nach Hexensalbe, die fest zum lokalen Hexenbild gehörte, führte Maria einige Gerichtsvertreter zu ihrem Wohnhaus. Dort wolle sie den Männern die besagte Salbe zeigen.

Doch als sie beim Haus ankamen, habe sich Maria einfach an den Esstisch gesetzt und die Männer ausgelacht. Das vermeintliche Geständnis, Hexensalbe zu besitzen, war also nur ein kindlicher Trick, um in ihre vertraute Umgebung zurückzukehren. Die Ernsthaftigkeit und Gefahr der Situation schien Maria vermutlich nicht bewusst zu sein.

In Tränen ausgebrochen

Schließlich wurde Maria in Sigmaringen vernommen, ihre Aussagen waren jedoch widersprüchlich und für das Gericht nicht verwertbar. Während des Verhörs brach sie in Tränen aus und war kaum zu beruhigen. Das Gericht brach das Verhör daraufhin ab und das Verfahren wurde eingestellt.

Der Freispruch scheint in Engelswies dennoch kaum Beachtung gefunden zu haben. Als Landstreicherin taucht der Name Maria Spen einige Jahre später in anderen Quellen auf. Offenbar hatte sie es nicht geschafft, in ihrer Heimat und auch anderen Regionen Fuß zu fassen.

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