Straßberg

Streit um Grundstückskauf in Straßberg-Kaiseringen: Stuttgarter Landgericht fällt Urteil

23.04.2024

Von Klaus Irion

Streit um Grundstückskauf in Straßberg-Kaiseringen: Stuttgarter Landgericht fällt Urteil

© Klaus Irion

Dieses Wiesengrundstück im künftigen Baugebiet "Bölle II" in Straßberg-Kaiseringen möchte die Gemeinde mittels Vorkaufsrecht erwerben. Doch das Landgericht Stuttgart sagt nein.

Eine Erbengemeinschaft, die Gemeinde Straßberg und das Landgericht Stuttgart: Drei Akteure, eine Frage: Hatte die Gemeinde ein Vorkaufsrecht auf ein 3000 Quadratmeter großes Grundstück oder nicht? Ein (erstes) Urteil ist ergangen.

Im vergangenen Januar hat der Straßberger Gemeinderat den Haushalt 2024 verabschiedet. Ein Finanzposten darin: 188.000 Euro für den Erwerb der noch fehlenden Grundstücke im geplanten Neubaugebiet „Bölle“ im Straßberger Teilort Kaiseringen. Doch ob diese Summe nun in der genannten Höhe im Jahr 2024 überhaupt zum Tragen kommt, ist derzeit noch völlig ungewiss.

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Denn die Gemeinde hat dieser Tage einen Prozess vor dem Stuttgarter Landgericht gegen eine Erbengemeinschaft verloren, die im Besitz eines der von der Gemeinde gewollten Grundstücke ist.

Gemeinde müsste nachzahlen

Worum geht es? Die Erbengemeinschaft, deren Mitglieder allesamt nicht mehr in Kaiseringen beheimatet sind, hat sich vor einigen Jahren dazu entschlossen, das 3000 Quadratmeter große Grundstück im Gewann „Bölle“ zu verkaufen. Nicht jedoch an die Gemeinde Straßberg, sondern an einen Verwandten, der noch in Kaiseringen lebt. Und dies zu einem Preis, der über dem Verkehrswert für das Grundstück liegt.

Dies alles geschah sehr zum Missfallen von Bürgermeister Markus Zeiser und den Mitgliedern im Gemeinderat. Denn hätte die Gemeinde einem Kauf zugestimmt, der dem Preis des Käufers entsprochen oder gar darüber gelegen hätte, hätte die Gemeinde Straßberg nachträglich allen anderen Grundstücksverkäufern im Gewann „Bölle“ die Differenz zwischen dem Verkehrswert und dem höheren Kaufpreis drauflegen müssen.

Streit um Grundstückskauf in Straßberg-Kaiseringen: Stuttgarter Landgericht fällt Urteil

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Die Häuser imHintergrund gehören zu "Bölle I", die Wiese im Vordergrund bildet einen Teil des künftigen "Bölle II".

Die Erbengemeinschaft ihrerseits verweist darauf, dass das Regierungspräsidium Tübingen einem Schreiben aus dem Jahr 2013 bestätigt habe, dass das Grundstück einen höheren Wert habe, weil es an einer damals bereits erschlossenen Straße liege. Auch seien in den 1990er-Jahren bereits Gebühren bezahlt worden.

Rechtmäßig oder rechtswidrig?

Deshalb beschloss der Gemeinderat auf Zeisers Vorschlag hin, sich unter fachlicher Beratung eines Rechtsbeistands mittels des Vorkaufsrechts der Gemeinde das Grundstück doch noch zu sichern. Im Zweifelsfall per Gerichtsbeschluss. So geschah es dann auch, allerdings mit einem anderen Ergebnis, als Zeiser sich das wohl ausgemalt hatte. Die Frage, ob die Gemeinde Straßberg berechtigt war, sich mittels Vorkaufsrecht das große Grundstück zu sichern oder nicht, endete vor der 50. Kammer für Baulandsachen am Landgericht Stuttgart.

Und dort erging vor wenigen Wochen das Urteil, dass die Gemeinde nicht befugt war, ihr Vorkaufsrecht auszuüben. Dabei ist es laut den Richtern unerheblich, ob die ergangenen Vorkaufsbescheide formal rechtmäßig gewesen seien, sprich, ob das Grundstück, wie von der Gemeinde ins Feld geführt, tatsächlich im Außenbereich der Gemeinde Kaiseringen liegt, was ein Vorkaufsrecht rechtfertigen würde. Denn, so die Richter, materiell seien die Vorkaufsbescheide rechtswidrig.

Hat die Gemeinde geschludert?

Begründet wird dies von den Richtern damit, dass Gemeindeverwaltung und Gemeinderat nicht nachweisen konnten, dass das Grundstück im geplanten Baugebiet „Bölle“ tatsächlich benötigt wird, um die von der Gemeinde ins Feld geführte Bauplatznot in Straßberg und Kaiseringen zu verringern. Auch seien nicht ausreichend das Für und Wider dieses Grundstückskaufs abgewogen oder Alternativen geprüft worden. Es fehle diesbezüglich auch an Dokumentation seitens der Gemeinde.

Streit um Grundstückskauf in Straßberg-Kaiseringen: Stuttgarter Landgericht fällt Urteil

© Klaus Irion

Benötigt die Gemeinde Straßberg Bauplätze im Außenbereich wie hier die Wiesen für "Bölle II"? Das Landgericht Stuttgart sieht dies nicht als erwiesen an.

Und so kommt das Gericht nun zu dem Schluss, dass die Vorkaufsbescheide rechtswidrig seien und die Erbengemeinschaft in ihren Rechten verletzt. Wie aber geht es nun weiter? Die Gemeinde Straßberg kann gegen das Urteil Berufung einlegen. Diese würde dann beim Oberlandesgericht Stuttgart verhandelt. Und gegen die vom Landgericht festgesetzten Streitwerte des Verfahrens kann Beschwerde eingelegt werden.

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