Bisingen, Albstadt

Unwetterbilanz: keine Verletzten, Ausmaß der Schäden wird sichtbar – Stich wieder offen

03.05.2024

von Redaktion

Unwetterbilanz: keine Verletzten, Ausmaß der Schäden wird sichtbar – Stich wieder offen

© Jelena Marjanov

In Bisingens Ortsmitte wurden die Straßen am Freitag vom Schlamm befreit.

Am Tag nach dem Unwetter, das vor allem Bisingen stark traf, ist der Sachschaden immens und kann noch gar nicht beziffert werden. Doch eine gute Nachricht gibt es: Laut Polizeiangaben liegen keine Meldungen über Verletzte vor. Und Albstadt kam glimpflich davon.

Ein Gewitter mit Starkregen ist am Donnerstagnachmittag über den Zuständigkeitsbereich des Polizeipräsidiums Reutlingen hinweggezogen und hat vor allem im Bereich von Bisingen im Zollernalbkreis für Überflutungen, Erdrutsche und wohl massive Sachschäden gesorgt – wir berichteten ausführlich.

„Es gab auch im Landkreis Reutlingen vereinzelt Überschwemmungen, aber nichts, was mit Bisingen vergleichbar wäre“, erklärt Polizeisprecher Martin Raff.

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Welche Schäden das Unwetter in Bisingen hinterlassen hat, ist beispielsweise auf dem Sportplatz in Steinhofen zu sehen. Dort hat das Wasser den Rasen überschwemmt und die Außenbande teilweise zerstört. Auch Tore stehen nicht an ihrem ursprünglichen Platz und wurden durch die Wassermassen sowie Holz und andere Gegenstände, die mitgespült worden sind, verbogen. Das Fangnetz hinter den Toren hat ebenfalls gelitten.

Auf der gegenüberliegen Straßenseite zeigt sich das Ausmaß der Überschwemmungen auch. Da der Klingenbach über die Ufer getreten ist, wurden die Wiesen in Nähe der Reitanlage geflutet. Die jungen Bäumchen auf der Wiese waren am Freitagvormittag noch von angespülter Erde, Holz und anderen Gegenständen umgeben.

Ein ähnliches Bild im Ortsinneren von Steinhofen: Entlang des Klingenbachs zeigt sich am Gras, bis wohin das Wasser vorgedrungen ist. Der Bach selbst ist am Freitagmorgen gut gefüllt und hat eine bräunliche Farbe. Darin zu sehen: Gartenstühle, angespültes Holz, Blumentöpfe und vieles mehr. Auch die Bäume am Ufer scheinen gelitten zu haben: teilweise sind die Äste abgebrochen oder der Stamm angeknackst.

Gleichzeitig laufen in Bisingen die Aufräumarbeiten. Mitarbeiter der Straßenmeisterei befreien die Straßen mit Schaufeln und in Gummistiefeln von dem Schlamm. In der Sonnen-Apotheke herrscht derweil reger Betrieb: Das Innere des Ladens wird auf Vordermann gebracht und unten im Keller wird das Wasser nach draußen gepumpt. „Wir haben regulär geöffnet“, erzählt ein Mitarbeiter unserer Zeitung.

Selbst am Donnerstagabend hätten er und seine Kollegen noch Kunden mit Medikamenten versorgt. Das Wasser sei über die Fenster in den Keller eingedrungen. Nicht sehr hoch, aber dennoch einige Zentimeter, die nun herausgepumpt werden müssen. Mit jedem Einsatzfahrzeug, das am Donnerstag vorbeigefahren ist, sei eine Wasserwelle an das Schaufenster und die Ladentüre geschwemmt worden. „Wir haben zwar versucht, die Türe abzudichten, aber das ging nicht ganz.“

Fotostrecke
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Das Fangnetz hinter den Toren auf dem Steinhofer Sportplatz hat gelitten.

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Die Wiese vor dem Sportplatz wurde vom Wasser geflutet.

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Ganze Stämme wurden ans Ufer des Klingenbachs in Steinhofen gespült.

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Die Wiese zwischen dem Steinhofener Sportplatz und der K7154 wurde ebenfalls geflutet.

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Die jungen Bäumchen, die zwischen Reitanlage und K7154 gepflanzt wurden, wurden ebenfalls von den Wassermassen getroffen.

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Der Klingenbach war am Freitagmorgen bräunlich gefärbt. Darin zu sehen: Holz, Gartenstühle, Blumentöpfe und vieles mehr.

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Am Ufer des Klingenbachs sieht man, welche Kraft das Wasser hatte.

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Sogar Äste wurden vom Wasser abgerissen.

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Die Wanderwege entlang des Stichs zwischen Bisingen und Onstmettingen waren am Freitag noch gesperrt.

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Dort, wo am Donnerstag das Wasser die Hügel herunterrauschte, fließt am Freitag nur noch ein Rinnsal.

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Entlang des Stichs zwischen Bisingen und Onstmettingen rutschte die Erde.

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Die Erdmassen lagen am Freitag noch am Straßenrand entlang der L360.

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Der Erdrutsch am Stich.

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Der Weidenbach in Bisingen-Zimmern war am Freitag ebenfalls gut gefüllt.

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Die Garage eines Anwohners in Bisingen-Zimmern am Tag nach dem Unwetter: Nichts steht mehr da, wo es war.

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In der Scheune des Zimmerners steht ein Auto. An der Stoßstange sieht man, wie hoch das Wasser dort stand.

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In Zimmern laufen die Aufräumarbeiten ebenfalls. Eine Familie im Weidenbachweg hatte ihre Fassade gerade vom angespülten Dreck befreit und macht sich nun an den Schlamm im Hof. Rund einen Meter hoch sei das Wasser an der Hauswand gestanden. „Aber unsere Haustüre hat dicht gehalten“, freut sich der Anwohner. Ihnen sei glücklicherweise nichts passiert. Doch wenn man in die Garage schaut, wird klar, dass das Wasser sich seinen Weg gebahnt hat. Dort, wo mal alles aufgeräumt war, liegen Gegenstände kreuz und quer herum. Alle gekennzeichnet von dem übergetretenen Wasser des Weidenbachs. Auch am Auto in der Scheune sieht man, wie hoch das Wasser stand.

Beginnend ab 16.30 Uhr verzeichnete das Polizeipräsidium am Donnerstag allein von Bisingen mehrere Dutzend Notrufe, in denen die Bürgerinnen und Bürger von über die Ufer getretenen Gewässern, unter Wasser stehenden Straßen und Plätzen sowie vollgelaufenen Kellern berichteten. „In unserer Bilanz zählen jedoch nur die Rettungseinsätze mit rein – bei der Rettungsleitstelle sind die Zahlen ja deutlich höher.“ Laut Landratsamt habe es allein in Bisingen über 90 Einsatzstellen gegeben, in Albstadt weitere 20 bis 25.

Polizei hält Rettungswege frei und schützt verlassene Gebäude

„Wenn uns Leute wegen vollgelaufener Keller anrufen, können wir selber nicht viel tun – wir haben ja keine Sandsäcke“, erklärt Raff. In solchen Fällen werde der Notruf mit einem Knopfdruck an die Rettungsleitstelle weitergeleitet.

Die Polizei war am Donnerstag zur Unterstützung, insbesondere zum Freihalten der Rettungswege sowie zum Schutz geräumter Gebäude und Geschäfte im Einsatz. Zur schnellen Lokalisierung und Priorisierung von Gefahrenstellen aus der Luft war auch ein Polizeihubschrauber vor Ort.

Wohl keine Verletzten

Von den Rettungs- und Einsatzorganisationen mussten teilweise Personen aus den betroffenen Gebäuden evakuiert werden. Meldungen über Verletzte liegen der Polizei derzeit nicht vor. Die offensichtlich erheblichen Sachschäden können noch nicht beziffert werden.

Eine deutliche Entspannung der polizeilichen Lage trat gegen 21 Uhr ein. Nach wie vor müsse im Bereich von Bisingen jedoch mit Behinderungen gerechnet werden. So ist die Straße zwischen Bisingen und Thanheim aktuell noch gesperrt. Der Verkehr wird über Zimmern umgeleitet.

Weiterhin Verkehrsbehinderungen

Die L360 (Stich) war am Freitagmorgen für den Durchgangsverkehr noch gesperrt, nur Anlieger konnten durchfahren. Gegen 10 Uhr wurde die Straße wieder freigegeben.

Die Sperrung hatte laut Raff zwei Gründe: Zum einen habe es einen Erdrutsch gegeben, der zwischenzeitlich begutachtet wurde. Zum anderen wäre der Durchgangsverkehr spätestens im Tal, wo es große Überschwemmungen der Straßen gab, nicht weitergekommen.

Auch hier sieht man am Freitag die Ausmaße des Unwetters: Am Wanderparkplatz nach der ersten Haarnadelkurve liegt noch angeschwemmter Schotter. Der Weg in den Wald hinein ist mit einem rot-weißen Flatterband gesperrt. Dort, wo am Donnerstag noch deutlich Wasser herunterkam, fließt am Freitag nur noch ein Rinnsal. Wenige Meter weiter Richtung Onstmettingen sind am Fahrbahnrand Erdrutsche zu sehen. Ein eher kleinerer und ein deutlich größerer. Die Erde auf der gegenüberliegenden Straßenseite zeigt, was da heruntergekommen ist.

Albstadt kommt mit blauem Auge davon

Wie Albstadts Rathaussprecherin Mona Lehmann auf ZAK-Anfrage mitteilt, halten sich die Unwetterschäden in Albstadt in Grenzen: „Es hat einige vollgelaufene Keller gegeben, wo die Feuerwehr mit Unterstützung der Firma Korn im Einsatz war.“

Unwetterbilanz: keine Verletzten, Ausmaß der Schäden wird sichtbar – Stich wieder offen

© Feuerwehr Mengen

Durch Treibgut verstopfte Rechenanlagen führten dazu, dass die Schmiecha in Ebingen über die Ufer trat.

Zudem sei die Rechenanlage am Mazmann vollgelaufen, weshalb ein dortiger Schotterparkplatz überflutet wurde. Dieser solle im Laufe des Freitags wiederhergestellt werden. „Zwischen dem Parkplatz und der Schlossberg-Realschule trat die Schmiecha über die Ufer, aber größere Schäden gab es deshalb nicht“, erklärt Lehmann.

Auf diesen Bereich beschränke sich auch das Hochwasser: „Im Eyachtal war dieses Mal gar nichts“, erklärt Lehmann. In der Vergangenheit waren es häufig die Ortsteile entlang der Eyach, die von Überschwemmungen betroffen waren.

Tauchergruppe aus in Ebingen und Bisingen im Einsatz

Am Donnerstag war auch die Tauchergruppe der Feuerwehr Mengen im Einsatz, die noch auf der Anfahrt zum ursprünglichen Einsatzort nach Bisingen zu einer neuen Einsatzstelle nach Ebingen umdirigiert wurde. Dort war eine Person in einer Garage gemeldet worden, die zu aufgrund des schnell steigenden Wassers zu Ertrinken drohte.

Beim Eintreffen an der Einsatzstelle kam die Rückmeldung, dass die Person bereits gerettet werden konnte. Da eine Wehranlage in der Nähe aufgrund von Treibgut verstopft war und angrenzende Gebäude überflutet wurden, wurden die Einsatzkräfte der Feuerwehr Albstadt mit Schwimmwesten versorgt und durch einen Fließwasserretter abgesichert.

Keine Personen mehr in Gefahr

Da eine weitere Meldung über eine in einem Auto eingeschlossene Person in einer Tiefgarage gemeldet wurde, ging ein Taucher zur Erkundung in die Tiefgarage vor. Dort konnten jedoch keine Personen mehr in den Fahrzeugen festgestellt werden.

Unwetterbilanz: keine Verletzten, Ausmaß der Schäden wird sichtbar – Stich wieder offen

© Feuerwehr Mengen

Auch die Tauchergruppe der Feuerwehr Mengen war in Ebingen im Einsatz.

Da die Lage in Bisingen weiter unübersichtlich war, wurden in einem zweiten Abmarsch weitere Fließwasserretter und Taucher von der Feuerwehr Mengen und der Unterstützungseinheit der Feuerwehr Ertingen in den Einsatzraum entsandt.

Von der Leitstelle Zollernalb wurden die Einsatzkräfte von Mengen dann zum Feuerwehrhaus in Tailfingen entsandt und dort in Bereitstellung gehalten. Gegen 21.15 Uhr wurde die Bereitstellung dort aufgehoben. Ein Einsatz war nicht mehr erforderlich.

Erdrutsch im Bärenthal

Wie die Polizei am Freitag mitteilt, blieb auch das Bärenthal im Landkreis Tuttlingen nicht vom Unwetter verschont. Dort ist es auf der Verbindungsstraße zwischen Bärenthal und Gnadenweiler zu einem Erdrutsch gekommen. Zwei große Felsblöcke hätten sich aus dem Steilhang gelöst, schlugen auf die Straße ein und prallten schließlich gegen die Leitplanke. Einige Felsbrocken rutschten sogar weiter und fielen den Steilhang bis zum Wasser-/Hochbehälter hinunter. Ob dort ein Schaden entstanden ist, ist bislang noch unklar, so die Polizei. Die Straße war über die Nacht gesperrt, der Verkehr wurde umgeleitet.

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