Cherson/Hechingen

Bei Raketenangriff auf ukrainische Kinderklinik: Rettungswagen aus Hechingen zerstört

27.06.2024

von Pressemitteilung, Michael Würz

Bei Raketenangriff auf ukrainische Kinderklinik: Rettungswagen aus Hechingen zerstört

© Kinder brauchen Frieden

Hunderte Einschüsse: Die Karosserie, der Motor und ein großer Teil der medizinischen Ausstattung sind irreparabel beschädigt.

Bittere Nachricht aus der Ukraine: Nachdem der Rettungswagen aus Hechingen 9 Monate lang in Cherson im Einsatz war, wurde er nun Opfer des Raketenangriffs am 19. Juni, bei dem die Kinderklinik in Cherson massiv unter Beschuss stand. Das gab der Verein „Kinder brauchen Frieden“ aus Hechingen jetzt bekannt. Hunderte Einschüsse zerstörten die Karosserie, den Motor und einen großen Teil der medizinischen Ausstattung

Der Angriff geschah in den frühen Morgenstunden. „Ob der Angriff gezielt auf die Klinik abzielte oder Teil des fortwährenden Terrors gegen die Stadt Cherson war, bleibt unklar“, schreibt der Hechinger Verein in seiner Pressemitteilung.

Laut „Kinder brauchen Frieden“ hatten sich „die kleinen Patienten zum Glück im Keller des Gebäudes befunden, sodass es keinen Toten oder Verletzten gab“. Allerdings wurde bei dem Angriff der im September 2023 gelieferte Rettungswagen vollständig zerstört. Der Hechinger Verein hatte das Fahrzeug, das zuletzt bei einem Rettungsdienst in Paderborn im Einsatz gewesen war, für 38.000 Euro gekauft und mit hochwertiger Ausstattung aufgerüstet, darunter ein EKG, ein Beatmungsgerät und Insfusionsbesteck. Finanziert wurde er mit Unterstützung der Landesstiftung Baden-Württemberg.

Bei Raketenangriff auf ukrainische Kinderklinik: Rettungswagen aus Hechingen zerstört

© Kinder brauchen Frieden

Flechette-Munition gilt als geächtete Art von Munition. Natalyia, die Partnerin von „Kinder brauchen Frieden“ vor Ort, habe sie auf dem Gelände der Kinderklinik in Cherson eingesammelt.

„Der Rettungswagen, der in den vergangenen neun Monaten unzähligen Kindern das Leben gerettet hat, wurde jetzt durch hunderte Einschüsse unbrauchbar gemacht“, informiert der Verein nach dem Angriff. Die Karosserie, der Motor und ein großer Teil der medizinischen Ausstattung seien demnach irreparabel beschädigt.

Bei Raketenangriff auf ukrainische Kinderklinik: Rettungswagen aus Hechingen zerstört

© Kinder brauchen Frieden

9 Monate sind seit diesem Foto vergangen, als der Rettungswagen, den die Hechinger beschafft haben, in die Ukraine geliefert worden ist. Zahlreiche Menschenleben konnten mit dem Fahrzeug gerettet werden – bis zu seiner jetzigen Zerstörung.

Dass das Fahrzeug jedoch bis zu seiner Zerstörung gute Dienste im Kriegsgebiet geleistet hat – davon haben sich Natalyia und ihr Mann Christian, Partner von „Kinder brauchen Frieden“, vor Ort überzeugen können. Unter anderem konnte mit dem Fahrzeug auch das Leben der dreijährigen Mia gerettet werden, über deren Schicksal wir im Rahmen der Weihnachtsspendenaktion dieser Zeitung ausführlich berichtet hatten. Das Mädchen war bei einem Raketenangriff schwer verletzt worden, kam mit dem Rettungswagen aus Hechingen nach Kiew in die Klinik.

Bei Raketenangriff auf ukrainische Kinderklinik: Rettungswagen aus Hechingen zerstört

© Kinder brauchen Frieden

Natalyia und Christian, Partner des Hechinger Vereins „Kinder brauchen Frieden“, und ein Mitarbeiter der Klinik (von rechts) überzeugen sich davon, dass diese gespendeten Gerätschaften noch verwendet werden können.

Helferin Nataliya selbst hatte den Einschlag von drei Gleitbomben nur wenige Hundert Meter entfernt erlebt. „Angriffsziele waren Wohnhäuser und eine Schule, die verheerenden Schäden haben wir am nächsten Tag gesehen“, berichtet sie. „Die Menschen leben in einem Albtraum, der nicht enden will.“ Auch auf dem Gelände der Kinderklinik sehe man „die Spuren des täglichen Terrors“. Auf einem Foto zeigt sie Flechette-Munition, eine geächtete Art von Munition, die sie auf dem Gelände der Kinderklinik gesammelt hat.

Ärzte arbeiten unter ständiger Lebensgefahr

Die Partnerin von „Kinder brauchen Frieden“ bewundere die Ärzte der Kinderklinik und ihre Teams, „die unter diesen Bedingungen Tag für Tag unter Lebensgefahr ihre Aufgaben erfüllen und weit über das normale Maß hinaus persönliche Einsatzbereitschaft zeigen“, schreibt der Verein, der von einer „unglaublichen persönlichen Einsatzbereitschaft“ berichtet.

„Ständig heulen die Sirenen und der Luftalarm lässt kaum Ruhe zu“

Die emotionale Belastung des Personals vor Ort sei enorm. „Ständig heulen die Sirenen und der Luftalarm lässt kaum Ruhe zu.“ Doch aufgeben ist keine Option: „Denn ohne ihre unermüdliche Arbeit gäbe es keine medizinische Versorgung mehr für die Kinder.“

Kellerräume sollen umgebaut werden

Wie soll es nun weitergehen? Das gemeinsame Ziel von „Kinder brauchen Frieden“ und der Klinik sei nun der dringend erforderliche Umbau der Kellerräume zu Patientenzimmern, um die Kinder besser schützen zu können. Denn: „Der Betrieb im Erdgeschoss und in den Obergeschossen der Klinik ist aufgrund der ständigen Raketenangriffe zu gefährlich“, erklärt der Hechinger Verein.

Hechinger Verein gilt in der Ukraine als verlässlicher Partner

Die Arbeiten seien bereits beauftragt und der Bauunternehmer, der einzige verbliebene in der Stadt, werde „hoffentlich in den nächsten Tagen mit den Arbeiten beginnen können“, heißt es in der Pressemitteilung. Man wolle, erneut mit Hilfe der Landesstiftung Baden-Württemberg „diese Zimmer so umrüsten, dass die kleinen Patienten sicher und gut versorgt werden können“.

Immer wieder betonen die Partner des Vereins in Cherson, wie wertvoll die moralische Unterstützung der Hechinger sei. Man habe mit „Kinder brauchen Frieden“ einen verlässlichen Partner gefunden.

Ein Krieg auch gegen die Kinder

Begleitet werde die Arbeit vor Ort „vom ständigen Hoffen darauf, dass der Beschuss endlich aufhört und dieser Krieg, auch gegen Kinder“, ein Ende findet.

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