Hechingen

Hechinger Riesenrat: So hat die Zollernstadt gewählt

10.06.2024

Von Michael Würz

Hechinger Riesenrat: So hat die Zollernstadt gewählt

© Michael Würz

Der Hechinger Ratssaal am 20. Februar, wenige Minuten nach dem politischen Paukenschlag: Regina Heneka und Lorenz Welte (vorne) warfen als CDU-Fraktionschefs hin, Auslöser war die „Refugio“-Debatte. Welte trat jedoch wieder bei der Gemeinderatswahl an – und geht nun mit kräftigem Rückenwind aus ihr hervor.

Die unechte Teilortswahl bläht den Hechinger Gemeinderat mit 11 Ausgleichsmandaten auf nun insgesamt 37 Sitze auf. Die AfD legt unterdessen am stärksten zu, erreicht mit 6 statt 2 Sitzen erstmals Fraktionsstärke. CDU-Mann Lorenz Welte ist Hechinger Stimmenkönig.

Es war ein politischer Paukenschlag, der sich da am 20. Februar im Hechinger Ratssaal abgespielt hatte: Als Folge der „Refugio“-Debatte warfen Dr. Lorenz Welte und Dr. Regina Heneka als CDU-Fraktionschefs mit sofortiger Wirkung hin (wir berichteten). „Grenzen sind überschritten worden“, hatte Welte den Schritt seinerzeit begründet, ohne jedoch offiziell Adressaten zu benennen. Die CDU-Fraktion im Hechinger Gemeinderat hatte bekanntermaßen eine Sondersitzung zum „Refugio“ beantragt und sich kritisch sowohl in Richtung Landrat Günther-Martin Pauli wie auch Bürgermeister Philipp Hahn geäußert. Das Integrationsprojekt „Refugio“ im ehemaligen Hotel Klaiber indes gilt inzwischen als Leuchtturmprojekt und genießt längst auch die Rückendeckung der CDU-Fraktion. Und Heneka und Welte?

Gegner der unechten Teilortswahl dürften sich bestätigt sehen

Heneka trat bei der jetzigen Gemeinderatswahl nicht mehr an, Welte warf seinen Hut noch einmal in den Ring. Damit schuf der Mediziner auch die erste spannende Frage der Wahl in Hechingen: Wie würden die Wähler reagieren? Seit Montag nun ist klar: Sie goutierten Welte, machten den CDU-Mann mit stattlichem Vorsprung zum Stimmenkönig der Hechinger Gemeinderatswahl – und die CDU abermals zur größten Fraktion – wenn auch mit einem nennenswerten Minus von 5,6 Prozentpunkten. „Unser Wahlziel, stärkste Fraktion im Hechinger Rat zu bleiben, haben wir erreicht“, konstatierte am Montagabend der CDU-Stadtverbandsvorsitzende Christoph Kühner. Man verstehe das „starke Ergebnis als Auftrag, uns weiterhin mit guten Argumenten und tatkräftig im Hechinger Rat einzusetzen“.

Groß (und jetzt noch größer) ist im Übrigen der gesamte Hechinger Gemeinderat. Nach der Wahl beherbergt er noch einmal 4 Mitglieder mehr – insgesamt müssen damit künftig 37 Stadträte Platz am Hechinger Ratstisch finden. Zum Vergleich: Der Kreistag zählt 56 Sitze.

Das Stichwort für die Aufblähung lautet: unechte Teilortswahl. Die könnte in der Zollernstadt längst Geschichte sein. Fraktionsübergreifend hatten Hechinger Stadträte 2021 nämlich für deren Abschaffung geworben. Was zu einem kleinen Volksaufstand geführt hatte: Eine Bürgerinitiative hatte einen Bürgerentscheid herbeigeführt, mit mehr als 72 Prozent der Stimmen gegen die Abschaffung war das Quorum erreicht – und die unechte Teilortswahl Hechingen erhalten geblieben. Und weil die CDU in den Stadtteilen die meisten Direktmandate für sich verbuchen kann, müssen diesmal ganze 11 Ausgleichsmandate die Verteilung der Sitze an das Stimmenverhältnis angleichen. Aus Sicht derjenigen, die die unechte Teilortswahl abschaffen wollten, dürfte damit nun genau jenes Szenario eingetreten sein, das man hatte verhindern wollen.

AfD legt am stärksten zu und erreicht erstmals Fraktionsstärke

Kein Grund zur Klage dürfte hingegen am Montag in den Reihen der Hechinger AfD zu vernehmen gewesen sein. Auf Kai Rosenstock entfielen 5807 der in Hechingen abgegebenen Stimmen. Damit ist der Polizeibeamte Vize-Stimmenkönig der Gemeinderatswahl. Im vorderen Feld spielt auch Johannes Simon mit. Der Inhaber eines Reisebüros kann 4150 Stimmen für sich verbuchen. Noch dazu legt die AfD insgesamt am stärksten zu, verdreifacht ihre (bislang 2) Sitze im Rat auf nun 6. Einen Sitz hinzugewonnen hat auch die Bunte Liste, die zwar um 0,7 Prozentpunkte abgesackt ist, dank Ausgleichsmandaten nun aber dennoch mit 5 Mitgliedern im Gemeinderat vertreten ist. Allerdings ohne Hannes Reis: Der umtriebige Stettener verliert seinen Sitz.

AfD verdrängt SPD als drittgrößte Fraktion im Rat

Auch die Freie Wählervereinigung mit ihrem Stimmenkönig Werner Beck (4275 Stimmen) verliert einen ihrer bislang 10 Sitze, bildet auch künftig die zweitgrößte Fraktion hinter der CDU. Die SPD behält dank Ausgleichsmandaten ihre 5 Sitze – ist durch das Erstarken der AfD nun aber nicht mehr drittstärkste Kraft im Rat.

Auch die FDP kommt dank Ausgleichsmandat nun auf 2 Sitze – und könnte damit eine eigene Gruppe im Rat bilden (und sich vom bisherigen CDU-Bündnis lösen, das sie mit bislang einem Sitz im Gemeinderat gepflegt hatte).

Freilich handelt es sich hierbei um die vorläufigen Wahlergebnisse: Der Gemeindewahlausschuss tagt nun am Mittwoch dieser Woche um 18 Uhr im Hechinger Rathaus – er muss den Ausgang der Wahl noch offiziell feststellen.

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