Balingen

Wieland Backes in Balingen: Ein Grandseigneur des Talks erzählt seine Geschichte(n)

23.06.2024

Von Nicole Leukhardt

Wieland Backes in Balingen: Ein Grandseigneur des Talks erzählt seine Geschichte(n)

© Rosalinde Conzelmann

Wieland Backes und Moderatorin Stefanie Germann in der Balinger Zehntscheuer.

Für viele ist das Nachtcafé, die abendliche Talkrunde im Dritten, fester Bestandteil des Freitagabends. Und auch wenn deren Moderator seit zehn Jahren Michael Steinbrecher heißt, so ist doch ein Gesicht untrennbar mit der Kult-Talkshow verbunden: Ihr Erfinder Wieland Backes. Am Freitag durften ihn zahlreiche Fans in der Balinger Zehntscheuer live erleben. Soviel vorab: Er hat nichts an Charme und Schalk eingebüßt.

Der Balinger Buchhändler Jürgen Rieger hatte den 77-Jährigen eingeladen, nach Balingen zu kommen für eine Lesung. Wieland Backes kam gerne, in Begleitung der SWR-Moderatorin Stefanie Germann. Und nicht nur die beiden, auch über 100 Gäste wollten den beliebten Moderator und Autor Wieland Backes live erleben, der viele von ihnen über Jahrzehnte bereits am Freitagabend ins Wochenende begleitet hatte, nur eben vom Bildschirm aus.

Wieland Backes in Balingen: Ein Grandseigneur des Talks erzählt seine Geschichte(n)

© Rosalinde Conzelmann

Der Kultmoderator und Autor Wieland Backes hatte über 100 Gäste in die Balinger Zehntscheuer gelockt.

Backes, jüngster von insgesamt 6 Brüdern, wurde in Österreich geboren und wuchs in der Nähe von Stuttgart auf. „Meine Eltern hatten gehofft, dass aus dem Jüngsten etwas wird, etwas Seriöses“, erzählte der „Grandseigneur des deutschen Talks“, wie ihn seine Moderatorin ankündigte. Backes studierte also Chemie und Geografie, promovierte, habilitierte. Doch der Traum, auf der Bühne zu stehen, ließ ihn nie los. „Meine Leidenschaft für den Film war ungebrochen“, erzählte er. Ein solcher Film im Rahmen seiner Doktorarbeit sollte schließlich der zarte Beginn einer Karriere werden, mit der sich Wieland Backes ins kollektive Fernsehgedächtnis einer Nation eingebrannt hat.

Vom elenden Sendeplatz in die Herzen der Menschen

Ein Praktikum beim SWR, der lang erhoffte eigene Film und letztlich die glückliche Idee, eine thematische Talkshow ins Leben zu rufen, brachte Wieland Backes 27 Jahre lang Freitag für Freitag in die Wohnzimmer der Menschen. Seine erste Sendung, die sich um schwierige Lieben drehte, „hatte einen elenden Sendeplatz, nachts um halb zwölf“, wie Backes in der Zehntscheuer verriet. Als dann auch noch die Fasnetssendung davor hoffnungslos überzog, „da habe ich mit meiner Frau einen Sekt getrunken und war mir sicher, dass mein Nachtcafé ein Rohrkrepierer wird“, schmunzelte Backes.

Doch es sollte anders kommen. Zu seiner Überraschung hatten die Zuschauer an jenem 14. Februar 1987 Gefallen an der Idee von Wieland Backes gefunden. Sie blieben ihm von Tag eins an treu, schauten 706 Folgen Nachtcafé mit etwa 5000 Gästen an, denen er stets wertschätzend, gleichsam aber nie wertend begegnete. „Es war ein Glücksmoment meines Berufslebens“, sagte Backes in Balingen rückblickend.

Tiefsinn und feiner Humor prägen seine Geschichten

Das Geheimnis seines Erfolgs? „Es ist ein flaneurhaftes Vorbeischlendern, die Sendung war immer leicht, nie mit erhobenem Zeigefinger, nie dogmatisch“, resümierte der Autor, der auch als solcher in einer Welt daheim ist, in der Humor nicht mit der Keule, sondern vielmehr mit dem Feinwerkzeug Sprache daherkommt. Drei Geschichten aus seinem Buch „Unmöglich!“ las er den Balingern vor, jede erfunden, „aber vom Leben geschrieben“, wie Backes erklärte. Und jede für sich tiefsinnig, heiter, aber auch mal gesellschaftskritisch und bisweilen nachdenklich. Ganz wie ihr Autor, der aus seiner Parkinson-Erkrankung nie ein Geheimnis gemacht, sich von ihr aber auch nie den Mut hat rauben lassen. „Ich liebe das Leben, überall findet sich das Gute, und finde es viel zu schön, um es vergammeln zu lassen“, wie er sagte.

Wieland Backes in Balingen: Ein Grandseigneur des Talks erzählt seine Geschichte(n)

© Rosalinde Conzelmann

Die Schlange derer, die ihr Buch signiert haben wollten, war lang. Wieland Backes nahm sich für die Balinger viel Zeit für einen persönlichen Plausch.

Wie sehr die Balinger den Kultmoderator Backes lieben, zeigte sich letztlich an der langen Schlange derer, die sich über eine Signatur des Autors in seinem Buch freuten. Ob er doch noch einen eigenen Roman schreiben würde, ließ Backes in Balingen offen. Seine Frau schlafe beim Lauschen seiner Manuskripte schließlich regelmäßig ein, wie er zu bedenken gab. Dennoch: „So lange man noch an die Menschheit glaubt, darf man nichts unversucht lassen“, schloss der Geschichtenerzähler und Geschichtensammler Backes, dem die Balinger noch viele Geschichten mehr zugehört hätten.

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