Hechingen

Containeranlage in Hechingen fertig: Im Juli ziehen die ersten Geflüchteten ein

19.06.2024

Von Olga Haug

Containeranlage in Hechingen fertig: Im Juli ziehen die ersten Geflüchteten ein

© Olga Haug

Stockbett, Spind und Tisch: In den minimalistisch eingerichteten Schlafräumen der Containerlage in Hechingen sollen pro Raum zwei Personen wohnen.

Nach einer rund dreimonatigen Bauphase ist die Containeranlage für Geflüchtete in Hechingen jetzt fertig. Mitte Juli sollen hier die ersten Menschen einziehen –insgesamt 60. Wie die Anlage eingerichtet ist und warum sie sich von anderen Geflüchtetenunterkünften unterscheidet, erklärten Landrat Günther-Martin Pauli und die Verantwortlichen am Mittwoch.

In Hechingen geht man bei der Unterbringung geflüchteter Menschen erstmals neue Wege: Die nun fertiggestellte Containeranlage unterhalb des Zentrums am Fürstengarten, die am Mittwoch offiziell vorgestellt wurde, soll sowohl eine vorläufige, als auch eine Anschlussunterbringung sein. Landrat Günther-Martin Pauli machte es am Mittwoch nochmal deutlich: Für die vorläufige Unterbringung ist der Landkreis zuständig und stellt eben auf Kreisflächen solche zur Verfügung, und für die Anschlussunterbringung hat die Stadt Sorge zu tragen. Pauli nannte es ein „atmendes System“, wohlgemerkt auch ein Experiment.

Entlastung für die Stadt

„Atmend“ vor allem deshalb, weil Geflüchtete in der Regel nach spätestens zwei Jahren von einer vorläufigen Unterkunft in eine Anschlussunterbringung wechseln müssen. Hier geht das indessen fließend ineinander über – insbesondere eine Entlastung für die Stadt, die geflüchteten Menschen eine dauerhafte Unterkunft bieten muss. Eine solche wird derzeit in der Ermelesstraße gebaut. Damit seien die Möglichkeiten der Stadt aber auch ausgeschöpft, sagte am Mittwoch die Erste Beigeordnete Dorothee Müllges. Dank des Angebotes des Landkreises könne die Stadt Hechingen deutlich entspannter an die Unterbringung gehen, betonte Müllges.

Noch unklar, wer hier einzieht

Mitte Juli sollen bereits die ersten Menschen einziehen – insgesamt 60. Davon 20 in Zuständigkeit der Stadt und 40 in der des Landkreises. Das wolle man aber nicht auf die Zahl genau festzurren, betonte Pauli. Wer genau hier eine Bleibe bekommt, das könne jetzt noch nicht gesagt werden. Das hänge ganz von der Zuweisung, die der Landkreis bekommt, ab. Man wolle aber, sagte Pauli, eine „achtsame Belegung“ aufbauen. Auch über die Herkunft der Menschen könne man Stand jetzt nichts sagen, erklärte Rechtsdezernent Georg Link. Er fügte aber an, dass es vermutlich überwiegend alleinreisende männliche Geflüchtete sein werden. Paare mit einem Kleinkind seien aber nicht ausgeschlossen, so Link: „Das ändert sich von Monat zu Monat.“ Man müsse abwarten und schauen, welche Belegung verträglich wäre.

Containeranlage in Hechingen fertig: Im Juli ziehen die ersten Geflüchteten ein

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Die Containeranlage für Geflüchtete in Hechingen ist fertig. Mitte Juli sollen hier die ersten Menschen einziehen.

65 Container wurden hier zu einem zweigeschossigen Gebäude zusammengebaut, das von außen kaum etwas von den klassischen Containern erahnen lässt. Immerhin soll die Anlage für die nächsten zehn Jahre als Geflüchtetenunterkunft genutzt werden. Was danach geschieht, wolle man besprechen, wenn es so weit ist. Neben 30 Schlafräumen gibt es einen Schulungsraum, einen Aufenthaltsraum, Waschräume und zwei Gemeinschaftsküchen. Verglichen mit der einstigen Jugendherberge Lochen in Balingen, wo 120 geflüchtete Menschen eine Küche nutzen müssen, bietet die neue Anlage in Hechingen deutlich mehr Komfort – wenn auch in einem unübersehbaren Minimalismus.

Eigene Möbel sind verboten

Ein Stockbett, ein Spind, ein Tisch und Stühle: Das ist die Grundausstattung der 15 Quadratmeter großen Schlafräume. Und mehr darf es auch nicht werden. Eigene Möbel sind in den Räumen verboten, erklärt Andrea Schmoll. Sie leitete die Flüchtlingsunterkunft in der Balinger Jugendherberge und wird künftig die Fäden in der Hechinger Unterkunft zusammenhalten. Die Menschen sollen sich hier wohlfühlen, das stehe außer Frage, betonte Thomas Zizmann, Amtsleiter für Zuwanderung und Integration. Aber derart heimelig, dass man die Anlage nie wieder verlassen wolle, soll es auch nicht sein.

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Noch fehlen in den Waschräumen die Waschbecken.

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In den beiden Gemeinschaftsküchen soll es je drei Herde und drei Spülen geben.

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Die Verantwortlichen rund um Landrat Günther-Martin Pauli im Gespräch.

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Zwei Duschkabinen pro Nassbereich.

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Toiletten und Duschen stehen zur gemeinschaftlichen Nutzung zur Verfügung.

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Außerdem, betonte Pauli, wolle man mit der Anlage nicht nur seine Pflichten erfüllen, mit einem Dach über dem Kopf und Taschengeld. Hier sollen Chancen für ein gelungenes und integriertes Leben geschaffen werden. Dafür werden Sprachkurse angeboten, Praktikas vermittelt und sämtliche Fragen rund um das Leben in Deutschland beantwortet. Hierfür steht ein Team der Caritas zur Verfügung, das täglich vor Ort sein wird. Das sei wichtig. Denn, so sagte Pauli, nutze es nichts, junge Menschen zu Langeweile zu verdammen – ganz gleich welcher Herkunft.

Security für die ersten Monate

Ebenso wird ein Security-Dienst rund um die Uhr anwesend sein – für die Sicherheit der Nachbarn, aber auch der geflüchteten Menschen. Man habe entschieden, das für die ersten Monate so zu handhaben, erklärte Pauli, um zu schauen, inwiefern ein Security-Dienst dann tatsächlich notwendig ist.

Für weitere Flüchtlingswelle gewappnet

Mit der Aussicht auf die neuen Wohneinheiten wirkte Pauli sichtlich entspannter, als er es vor einem Jahr noch war. Damals sorgte die Flüchtlings-Situation für Spannungen, nicht nur im Hause des Landratsamtes. Es standen bekanntlich Pläne im Raum, Kreissporthallen zu belegen, unter anderem in Albstadt – die Container also eine gelungene Alternative für Kreis und Stadt. Ferner, betonte Pauli, entschärfe die Anlage ebenso den Wohnungsmarkt.

540 Menschen hat der Landkreis bereits vorläufig untergebracht. Mit noch anstehenden Projekten werden es dann insgesamt 800 Wohnplätze sein, benannte Integrationsamtsleiter Zizmann die aktuellen Zahlen. Der Landkreis komme somit nicht nur seiner Verpflichtung nach, er sei vor allem für eine weitere Flüchtlingswelle gewappnet.

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